Kirpal Singh
Das Rad des Lebens
KARMA
(Das Gesetz von Ursache und Wirkung)
\
Kirpal Books
Herausgabe und Übersetzung: Erhard
Donig, Sandstr. 26, 82110 Germering
September 2008
Dem Allmächtigen Gott gewidmet,
der durch alle Meister wirkt, die gekommen sind,
und Baba Sawan Singh Ji Maharaj,
zu dessen Lotosfüßen der Autor
das heilige Naam – das Wort - aufnahm
Inhaltsverzeichnis
Kapitel
I
7
Kapitel
II
12
Kapitel
III
20
Kapitel IV
25
Kapitel
V
33
Anhang I
Die wahre
Lebensweise
39
Ahar oder
Ernährung
41
Vihar oder
soziales Verhalten
46
Anhang II
Das Leben der
Selbsthingabe 48
Karma – Ein Brief von Meister Sawan Singh 51
Das Gesetz des Karma –
Handschriftliche
Notizen von Sant Kirpal Singh
57
Alles im Universum folgt einem
gerechten Gesetz,
dem Gesetz der Kausalität,
dem Gesetz von Ursache und Wirkung,
dem Gesetz des Karma.
Gautama Buddha
I
Irret euch nicht! Gott läßt sich
nicht spotten.
Denn was der Mensch sät, das wird er
ernten.
Galater 6,7
Wenn der Mensch den Schwierigkeiten
des erdgebundenen Lebens gegenübersteht, ringt er um einen Ausweg. Wohin er
sich auch wendet, sieht er seinen Weg nach oben durch unsichtbare Hindernisse
versperrt. Warum all die scheinbaren Ungleichheiten auf der Welt? Warum ist dem
Menschen der Weg zu seiner ursprünglichen Heimat — der Heimat seines
himmlischen Vaters — verwehrt? Warum kann er nicht seiner unbekannten
Vergangenheit entfliehen? Wohin soll er sich wenden, um das rettende Licht der
»Reinen Wissenschaft des Seins« zu finden? Diese Fragen führen den suchenden
Geist zur Erforschung des umfassenden Gesetzes von Ursache und Wirkung.
Der Begriff »Karma« wird in den
vielen philosophischen und religiösen Schriften Indiens häufig verwandt. Von
den Priestern und Predigern wurde er in der Tat so oft auf negative Weise
gebraucht, daß viele dazu gelangten, ihn als vermeintliches Hindernis auf dem
Weg zur spirituellen Erlösung anzusehen. Da er dem Westen fremd ist, wird er
gewöhnlich ohne genügende Erklärung übergangen. Alle Meister niederer Grade
oder Stufen sprechen von Befreiung durch das Vollbringen von Handlungen, ohne
an ihre Früchte oder Auswirkungen gebunden zu sein oder nach ihnen zu
verlangen. Doch das ist nur eine Teilwahrheit und halbes Wissen.
Das Gemüt ist es gewohnt,
die Frucht seiner Handlungen zu kosten. Wie kann es diese Gewohnheit aufgeben?
Sadhans (geistige und körperliche Übungen) mögen als Mittel dienen, das Gemüt
in gewissem Ausmaß zu schulen. Doch auf die Dauer wird sich seine Gewohnheit,
sich der Erfahrungen zu erfreuen, durchsetzen. Das Gemüt kann die weltlichen
Freuden nur aufgeben, wenn es eine Art höherer Freude erfährt.
Indem sie sich mit Naam
(dem Wort Gottes oder dem göttlichen Tonprinzip) verbanden, erfuhren die
Heiligen eine weitaus größere Freude — ein ekstatisches Glück. Wenn das Gemüt
einmal in diesen Tonstrom oder Naam vertieft ist, wendet es sich von der Welt ab.
Es ist gewohnt, weltlichen Dingen nachzulaufen und sich von einer Sache auf die
andere zu stürzen. Wir brauchen es nun nicht an seiner Bewegung zu hindern, die
ein ganz natürlicher Ausdruck seines Wesens ist, sondern nur seine Richtung
nach unten in die äußere Welt nach oben in die innere Welt umzukehren. Das
heißt, wir müssen unsere wandernden Gedanken kontrollieren und die geistigen
Energien in rechte Bahnen lenken, um uns dauerhafter und beständiger
Ergebnisse zu versichern. Das wird durch regelmäßiges Üben oder Vertieftsein in
Naam erreicht. Das ist die einzige Weise, das Gemüt allmählich zu schulen und
durch Verfeinerung der Geistesströme schließlich unschädlich zu machen; dann
kommt die Seele zu sich und kann den Weg zu ihrer ursprünglichen Quelle — der
Überseele oder All-Seele — frei und ungehindert beschreiten. So können die
Heiligen, die diesen Pfad selbst gegangen sind — den Pfad des »Surat Shabd
Yoga« (Vertieftsein in das Heilige Wort oder den Heiligen Ton) -, uns nicht nur
befähigen, uns vom karmischen Kreislauf von Handlung und Rückwirkung zu
befreien, sondern uns auch den Zutritt zum Reich Gottes, das in uns liegt,
gewähren.
Nun erhebt sich die
Frage: Wie können die Karmas ausgelöscht oder unwirksam gemacht werden? Für
jene, die wirklich auf der Suche nach Selbsterkenntnis und Gotterkenntnis sind,
gibt es einen Ausweg aus dem Labyrinth der Naturgesetze, in dem wir sonst
unentrinnbar gefangen sind. Der Zutritt zu diesem Ausgang oder der Weg heraus
aus diesem karmischen Dschungel, der sich unvorstellbar weit in die
Vergangenheit erstreckt, wird uns durch die erlösende Gnade des wahren Meisters
enthüllt. Wenn er uns einmal in seine Obhut genommen und mit dem ewigen,
heiligen Wort oder dem Tonstrom verbunden hat, sind wir nicht mehr in Reichweite
von »Yama«, dem Todesengel, der den negativen Aspekt der Höchsten Kraft
darstellt und jedem einzelnen im Universum entsprechend seiner Taten
Gerechtigkeit zuteil werden läßt.
Jede Tat eines lebenden
Wesens verursacht Karma, ob wissentlich oder unwissentlich vollbracht und ganz
gleich, ob noch in latenter Form als Gedanke oder geistige Schwingung, als
gesprochenes Wort oder tatsächliche Handlung verübt.
Damit der Leser durch den
Begriff „Karma“ nicht verwirrt wird, ist es wohl angebracht, dieses Wort in seinem
rechten Zusammenhang zu erklären. Das Wort Karma bedeutete ursprünglich
Opferbräuche und Rituale und umfaßte „yajnas“, die vom einzelnen nach den Anweisungen
der Heiligen Bücher vollzogen wurden. Jedoch später schloß es alle Arten von
Tugenden, soziale und selbstreinigende, wie Wahrhaftigkeit, Reinheit,
Enthaltsamkeit, Mäßigkeit, Ahimsa, allumfassende Liebe, selbstloses Dienen und
alle Taten wohltätiger und menschenfreundlicher Art ein. Kurz gesagt, man legte
großen Nachdruck auf die Entfaltung der Atam-gunas, die dabei helfen, das Gemüt
zu beherrschen und die geistigen Kräfte in die rechte Richtung zu lenken, um
dem höheren Zweck der Befreiung des Atman oder des gefangenen Geistes zu
dienen.
Die Karmas werden im
allgemeinen in verbotene, erlaubte und vorgeschriebene eingeteilt. Alle Karmas
erniedrigender und schädlicher Art (Nashedh) werden zu den verbotenen
gerechnet, da sich dem Laster hinzugeben Sünde und der Sünde Sold der Tod ist.
Man bezeichnet sie als Kukarmas oder Vikarmas. Als nächstes kommen die
erhebenden Karmas, die einem Menschen helfen, höhere Ebenen wie Swarag,
Baikunth, Bahist oder das Paradies zu erreichen. Das sind die Sukama-Karmas
oder Sukarmas; Karmas, die man ausführt, um gute Wünsche oder Bestrebungen zu
verwirklichen und die daher zulässig und erlaubt sind. Schließlich gibt es
noch Karmas, deren Erfüllung den Angehörigen der verschiedenen Varns oder
Gesellschaftsschichten von den Schriften vorgeschrieben wird und die man als
unumgänglich betrachtet (die soziale Ordnung besteht aus der Klasse der
Brahmanen oder der Priesterschaft, die sich mit dem Studium der Lehre der
Schriften befaßt; den Kshatriyas oder der Kriegerkaste, die eine Streitmacht zu
Verteidigungszwecken bildet; den Vaishyas oder Menschen, die von Handel oder Landwirtschaft
leben; und den Sudras, die den anderen drei Klassen dienen) und durch die auch
die verschiedenen Lebensabschnitte, die man Ashrams nennt, bestimmt werden.
(Die vier Ashrams: Brahmcharya, Grehastha, Vanprastha und Sanyas, stimmen in
etwa mit den Perioden der Erziehung und Bildung, des Ehelebens als Familienvater,
des Asketentums als Entsagender oder Einsiedler, der sich in der
Abgeschiedenheit eines Waldes in tiefe Meditation versenkt, und zuletzt mit der
Stufe des spirituellen Pilgers, der den Menschen die Frucht seiner lebenslangen
Erfahrung vermittelt, überein. Bei einer Lebensspanne von 100 Jahren umfaßt
jeder dieser Abschnitte einen Zeitraum von 25 Jahren.) Sie werden Netya-Karmas
genannt oder Karmas (Handlungen) deren Ausführung in Beruf und allen Lebenslagen
ein tägliches "Muß" für einen jeden ist.
Als Richtlinie ethischen
Verhaltens leistet das karmische Gesetz einen wertvollen Beitrag zum
materiellen und moralischen Wohlergehen des Menschen auf der Erde und bereitet
den Weg zu einem besseren Leben in der Zukunft. In allen vier Bereichen des
menschlichen Lebens — dem weltlichen, dem materiellen oder wirtschaftlichen,
dem religiösen und dem spirituellen; wie durch die Begriffe "Kama"
(Erfüllung der Wünsche), "Artha" (wirtschaftliches und materielles
Wohlergehen), "Dharma" (die moralische und religiöse Grundlage, die
das Universum trägt und erhält) und "Moksha" (Erlösung) angedeutet, —
spielen die Handlungen oder Karmas eine entscheidende Rolle. Die moralische
Reinheit stellt natürlich die bestimmende Kraft einer jeden Bemühung dar. Und
damit die Karmas auch die gewünschte Frucht tragen, ist es notwendig, sie mit
ungeteilter und zielbewußter Aufmerksamkeit und liebevoller Hingabe
auszuführen.
Daneben gibt es noch eine
andere Art von Karma — das Nish-Kama-Karma, das ohne jede Gebundenheit oder
Wunsch nach seinen Früchten oder Auswirkungen vollbracht wird. Es ist allen
anderen Arten von Karma überlegen, die mehr oder weniger eine Quelle der
Gebundenheit sind; und es vermag einen in geringem Ausmaß sogar von der
karmischen Gebundenheit, doch nicht von den Auswirkungen des Karmas selbst zu
befreien. Man sollte jedoch zur Kenntnis nehmen, daß Karma an sich keinerlei
bindende Wirkung hat. Einzig Karma, das aus "Kama" oder dem Wunsch
geboren ist, führt zu Gebundenheit. Aus diesem Grund lehrte Moses "nicht
zu begehren", und darum legten Buddha und der zehnte Guru der Sikhs, Guru
Gobind Singh, immer wieder solch großen Nachdruck auf die Notwendigkeit,
wunschlos zu sein. Karma ist also zugleich Mittel wie auch Ziel allen
menschlichen Strebens. Denn durch Karmas überwindet und überschreitet man die
Karmas. Jeder Wunsch, das karmische Gesetz zu umgehen, ist so sinnlos, wie der,
über den eigenen Schatten zu springen. Das höchste Ziel ist, Neh-karma oder
Karma-vehat zu werden, das heißt, Karma in Übereinstimmung mit dem göttlichen
Plan, als bewußter Mitarbeiter der Gotteskraft auszuführen: tatenlos in der
Tat zu sein, wie der ruhende Punkt im sich unaufhörlich drehenden Rad des
Lebens.
Wiederum muß man den
Begriff Karma und das Wort Karam unterscheiden. Karma kommt aus dem Sanskrit
und bedeutet Handlung oder Tat und umfaßt auch geistige Schwingungen und
gesprochene Worte, während das persische Wort Karam Güte, Mitleid, Barmherzigkeit
oder Gnade ausdrückt.
Was nun das Wesen des
Karma betrifft: nach derJain-Philosophie ist es stofflicher Natur, geistig und
körperlich zugleich, wobei das eine mit dem anderen als Ursache und Wirkung
verbunden ist. Das ganze Universum wird von Materie in feinster und psychischer
Form durchdrungen. Und sie durchdringt selbst die Seele, da diese in einer
Wechselwirkung zur äußeren Materie steht. Auf diese Weise baut sich der Jiva
sein eigenes Nest gleich einem Vogel und wird durch das, was man Karman-Srira
oder den feinstofflichen Körper nennt, gefangen und bleibt in ihm gebunden, bis
sein empirisches Selbst entpersönlicht und zur reinen Seele wird, die in ihrem
angeborenen Glanz erstrahlt.
Karman-Srira oder die
karmische Hülle, die die Seele umschließt, besteht aus acht Prakritis, die den acht Arten karmischer
Atome entsprechen und verschiedene Wirkungen auslösen, die von zweifacher Art
sind:
1. Karmas, die die rechte Sicht trüben, wie zum Beispiel:
a) Darsan-avarna, das die
rechte Wahrnehmung oder das rechte Verstehen im
allgemeinen behindert;
b) Janan-avarna, das die
rechte Einsicht oder das Begriffsvermögen begrenzt;
c) Vedaniya, das die der Seele
angeborene glückselige Natur beeinträchtigt und
also angenehme oder schmerzliche Gefühle hervorruft; und
d) Mohaniya, Karmas, die den
rechten Glauben, das rechte Vertrauen und das
rechte Verhalten erschweren. Alle diese Karmas wirken wie
rauchgeschwärzte
Gläser, durch die wir die Welt und alles, was zur Welt gehört, wahrnehmen.
In
der Sprache der Dichter wurde das Leben als "Dom aus vielfarbigem
Glas"
beschrieben, der "die weiße Strahlung der Ewigkeit bricht."
2. Dann gibt es Karmas, die den Menschen zu dem machen, was er ist, denn
durch sie werden
a) der physische Körper;
b) Alter und Lebensdauer;
c) der gesellschaftliche Rang und
d) die geistige Beschaffenheit bestimmt. Sie sind als Naman, Ayus,
Gotra und
Antraya bekannt.
Diese Arten werden
wiederum in Gruppen und Untergruppen gegliedert, die Hunderte von
Verzweigungen bilden. Die karmischen Partikel, die sich im Raum verteilen,
werden wohl oder übel von jeder Seele entsprechend den Erfordernissen der Tätigkeit
angezogen, der sie sich gerade hingibt. Diesem ständigen Zufluß von Karma kann
man nur Einhalt gebieten, wenn man die Seele von jeder Art Tätigkeit von
Körper, Gemüt und Sinnen befreit und sie an ihrem eigenen Zentrum festigt und
gleichzeitig die angesammelten Karmas durch Fasten, tapas, saudhyaya, vairagya, prashchit
dhyan und ähnliches, das heißt durch Enthaltsamkeit, das Lesen heiliger
Schriften, Loslösung und Reue, Meditation usw., verringert.
Auch Buddha legte großen
Nachdruck auf ständiges Mühen und Ringen, um den schließlichen Sieg über das
Gesetz des Karma zu erlangen. Die Gegenwart mag durch die Vergangenheit
bestimmt sein, doch die Zukunft ist unser und hängt vom bestimmenden Willen des
Einzelnen ab. Die Zeit ist ein nicht endendes Ganzes — die Vergangenheit führt
unausweichlich zur Gegenwart und die Gegenwart zur Zukunft, wenn man so sagen
will. Das Karma verliert nur dann seinen Einfluß, wenn man den höchsten
Gemütszustand, der jenseits von Gut und Böse liegt, erlangt hat. Mit der Verwirklichung
dieses Ideals ist all unser Ringen beendet, denn was ein Befreiter auch immer
tut, das geschieht ohne Gebundenheit. Das sich unaufhörlich drehende Lebensrad
wird durch die karmische Energie angetrieben; und wenn sich diese Kraft
erschöpft, kommt dieses riesige Rad des Lebens zum Stillstand, denn dann
erreicht man einen Punkt, wo sich Zeit und Zeitlosigkeit berühren, einen Punkt,
wo man stets in Bewegung bleibt und im Innersten doch bewegungslos ist. Das
Karma gibt uns einen Schlüssel zum Verständnis der Lebensvorgänge; und dann
erhebt sich unser Bewußtsein von Stufe zu Stufe, bis wir zum völlig Erwachten
oder Buddha (der Erleuchtete oder Seher des Heiligen Lichts) geworden sind.
Buddha war weit davon entfernt, das Universum als bloßen Mechanismus zu sehen;
er betrachtete es vielmehr als Dharma-Kaya
oder einen Körper, der vom Dharma
oder dem Lebensprinzip vibriert, das ihm gleichzeitig als Hauptstütze dient.
Kurz gesagt, stellt das
karmische Gesetz ein strenges und unerbittliches Naturgesetz dar, von dem es
kein Entkommen gibt und das keine Ausnahmen macht. „Wie du säst, so wirst du
ernten", ist eine uralte, grundlegende Wahrheit, die unser ganzes
irdisches Leben bestimmt. Ihre Gültigkeit erstreckt sich auch auf manche der
höheren materiell-spirituellen Bereiche, entsprechend dem Grad ihrer Dichte
und ihrer besonderen Beschaffenheit. Karma ist das höchste Prinzip, das über
Götter und Menschen herrscht, denn auch die Götter kommen früher oder später
unter seinen Einfluß. Die vielen Götter und Göttinnen in den mannigfachen
Schöpfungsebenen brauchen eine weitaus längere Zeit als der Mensch, um in ihrer
jeweiligen himmlischen Sphäre zu dienen; aber auch sie müssen sich schließlich
im menschlichen Körper inkarnieren, bevor sie die endgültige Befreiung vom
karmischen Kreislauf der Geburten erstreben und erlangen können.
Alle Arbeit, alles
Handeln oder Tun bewirkt etwas Wesentliches im göttlichen Plan, wodurch der
Ablauf des gesamten Universums in vollendeter Ordnung gehalten wird. Keiner
kann auch nur einen einzigen Augenblick ohne irgendeine Tätigkeit (geistiger
oder körperlicher Art) sein. Stets denkt oder tut man das eine oder das
andere. Wir können unserer Natur nach nicht geistig leer oder untätig sein,
noch vermögen wir die Sinne an ihrem unwillkürlichen Wirken zu hindern: die
Augen können nicht anders als sehen und die Ohren nicht anders als hören; und
das Schlimmste ist, daß wir wie Penelope, das, was einmal getan ist, nicht
ungeschehen machen können. Reue, obwohl an sich gut, kann die Vergangenheit
nicht ändern. Was immer man denkt, spricht oder tut, ob gut oder schlecht,
hinterläßt einen tiefen Eindruck im Gemüt; und diese angesammelten Eindrücke
formen den Einzelnen zum Guten oder zerstören ihn. Wie man denkt, so wird man.
Unser Mund spricht aus der Überfülle des Herzens. Jede Handlung hat eine
Rückwirkung, wie es das Naturgesetz von Ursache und Wirkung bestimmt. Man hat
demnach die Früchte seines Handelns zu ernten: süß oder bitter, je nachdem und
ob es einem gefällt oder nicht.
Gibt es da kein
Heilmittel? Ist der Mensch ein bloßes Spielzeug seines Loses oder Schicksals,
das sich seinen Weg auf gänzlich vorherbestimmte Weise bahnt? Die Sache hat
zwei Seiten. Wir haben bis zu einem gewissen Ausmaß einen freien Willen, mit
dem wir unser Tun bestimmen und unsere Zukunft zum Guten oder Schlechten wenden
und selbst die lebendige Gegenwart in großem Ausmaß zu unserem Nutzen formen
können. Mit der lebenden Seele ausgerüstet, die vom gleichen Wesen wie ihr
Schöpfer ist, ist der Mensch mächtiger als das Karma. Das Unendliche in ihm
kann ihm helfen, die Begrenzungen des Endlichen zu überschreiten. Die Freiheit
zu Handeln und die karmische Gebundenheit sind nur zwei Seiten der einen
Wirklichkeit in ihm. Nur der mechanische und materielle Teil in ihm unterliegt
den karmischen Begrenzungen, während der wirkliche und lebendige Geist in ihm
alles überschreitet und von der karmischen Last kaum berührt wird, wenn er in
seiner angeborenen göttlichen Natur begründet ist. Wie aber kann man in seinem
eigenen wirklichen "saroop" (Form), dem "Atman", begründet
sein? Das ist es, was wir notgedrungen lernen müssen, wenn wir danach streben,
einen Ausweg aus der endlosen karmischen Verstrickung zu finden.
Die meisten unserer
Schwierigkeiten rühren daher, daß wir nicht überlegen, was wir tun. Bei jedem
Schritt fahren wir sorglos fort, eine Menge karmischer Partikel anzusammeln,
ohne zu Bedenken, daß es eine Kraft in uns gibt, die alles aufzeichnet, was wir
denken, sprechen oder tun. Thomas Carlyle, ein berühmter Denker, sagte: „Du
Narr! Glaubst du, weil kein Boswell da ist, deine Worte zu vermerken, sie darum
vergehen oder vergessen sind? Nichts stirbt, nichts kann vergeh’n. Das
nichtigste Wort, das du sprichst, ist eine Aussaat in die Zeit, die Frucht
trägt alle Ewigkeit." Gleiches sagt uns Äschylus, der Vater des
griechischen Dramas vorchristlicher Zeit:
Tief im unteren Himmel
lenkt der Tod die Wege des Menschen
mit strenger und starker Hand.
Und es gibt keinen, der seinem
wachsamen Auge
und unfehlbarem Geist
durch irgendeine Macht oder Tat zu
entgehen vermag.
Aus den "Eumeniden "
II
Die Karmas wurden von den
Heiligen in drei verschiedene Kategorien eingeteilt:
a) Sanchit oder die angesammelten und aufgespeicherten Karmas, die aus
früheren Inkarnationen stammen und weit in die unbekannte Vergangenheit
zurückfuhren.
b) Pralabdha: Zufall, Bestimmung oder Schicksal oder jener Teil des
Sanchit (des Vorratskarmas), der die lebendige Gegenwart eines Menschen
bestimmt und dem keiner entfliehen kann, wie sehr er es auch wünschen und
versuchen mag.
c) Kriyaman: Die Karmas, die in diesem irdischen Dasein oder der
gegenwärtigen Lebenszeit ganz unserem freien Willen unterliegen und mit denen
wir unsere Zukunft zum Guten wenden
oder zerstören können.
a) Sanchit
(aufgespeicherte Handlungen): Die guten oder schlechten Taten, die unser
Guthaben bilden, das wir uns in all den früheren Leben in der Schöpfungsordnung
erworben haben und das bis zu dem Tag zurückreicht, an dem das Leben auf der
Erde zum ersten Mal in Erscheinung trat. Der Mensch weiß nichts über sie oder
ihr Ausmaß und ihre große, verborgene Macht. König Dharitrashtra, der blinde
Ahne der Kschatriya-Prinzen, der Kuravas des Epischen Zeitalters, konnte die
Ursache seiner Blindheit erst erkennen, als ihm Krishna seine Yoga-Kraft
übertrug. Sie war die Folge einer Handlung in unbekannter Vergangenheit, die
über 100 Inkarnationen oder Verkörperungen zurücklag. Im 2. Buch Moses 20.5,
sagt Moses, während er die zehn Gebote Gottes verkündet, daß Gott uns ermahnt:
"Ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifriger Gott, der da heimsucht der
Väter Missetat bis in das dritte und vierte Glied..." Selbst die Medizin
bestätigt uns heute die bedeutende Rolle der Vererbung und führt die Ursache
bestimmter Krankheiten auf die Vorfahren zurück und zeigt, wie sie in den
nachfolgenden Generationen zur Auswirkung kommen. Gleicherweise bringt die
moderne Psychologie das problematische Verhalten mancher Menschen mit
geistigen Besonderheiten ihrer Eltern und Ahnen in Verbindung.
b) Pralabdha: Das ist genau der Teil der Sanchit-Karmas, der die Fügung,
Bestimmung oder das Schicksal eines Menschen bildet und die Ursache unseres
gegenwärtigen Daseins auf Erden ist. Wir haben keine Macht über diese Karmas
und müssen ihre Auswirkungen, ob gut oder schlecht, nach bestem Vermögen
ertragen — lächelnd oder mit Tränen. Das gegenwärtige Leben ist einfach eine
Entfaltung oder Offenbarung der vorher festgelegten Karmas, mit denen wir
vollbeladen in die Welt kommen. Durch die Gnade einer Meisterseele ist es
jedoch möglich, das innere Selbst so zu formen und zu entwickeln, daß man
ihren bitteren und schmerzvollen Stachel nicht mehr empfindet, so wie der
Stich einer Nadel den Kern einer reifen Mandel oder Walnuß nicht berührt, da er
sich von der äußeren Schale gelöst hat, die dadurch austrocknete und hart wurde
und ihm seither als schützender Panzer dient.
Auf diese Weise schmiedet
jeder von uns bereitwillig oder widerwillig, wissentlich oder unwissentlich
seine Ketten, ganz gleich, ob sie aus Gold oder Eisen sind. Ketten bleiben
stets Ketten, und sie sind beide gleich wirksam, einen Menschen in beständiger
Gebundenheit zu halten. Wie eine arme Seidenraupe in ihrem Kokon gefangen
oder eine Spinne in ihrem eigenen Netz gefesselt ist oder wie ein Vogel in
seinem Nest wohnt; so bleiben wir in selbstgeschmiedeten Stahlringen ohne
jeden Ausweg gebunden. Auf diese Weise wird der Zyklus von Geburt, Tod und
Wiedergeburt unaufhörlich in Bewegung gehalten. Nur wenn man das
Körperbewußtsein überschreitet und Neh-Karma wird, das heißt tatenlos in der
Tat, wie der stille Punkt im Zentrum des sich ewig drehenden Lebensrades, wird
der Bewegung des gewaltigen karmischen Rades Einhalt geboten, denn dann wird
man ein bewußter Mitarbeiter am göttlichen Plan.
Das ist der Grund, warum
Buddha, der Prinz unter den Asketen, nachdrücklich sagte: "Seid
wunschlos!", denn die Wünsche sind die Grundursache des menschlichen
Leids, da sie alle Handlungen auslösen, beginnend mit den feinen Schwingungen
im Unterbewußtsein bis hin zu den Denkvorgängen des Bewußtseins, die dann zu
der ungeheuren und grenzenlosen Ernte mannigfaltiger Taten verschiedener
Farben und Formen führen, die der Unausgewogenheit des Gemüts entspringen. So
wird der im Körperwagen sitzende Geist durch die fünf kraftvollen, von dem
machtberauschten Wagenlenker — dem hilflosen und unausgeglichenen Gemüt —
nicht beherrschten Sinnesrossen mit ihren lose herabhängenden Zügeln des
Verstandes blindlings und kopfüber in den Bereich der Sinnesfreuden
hineingezogen. Selbstdisziplin ist also von höchster Bedeutung; und Keuschheit
in Gedanken, Worten und Taten ist ein unerläßliches Erfordernis, das einem
Menschen hilft, den Weg der Selbsterkenntnis und Gotterkenntnis zu beschreiten,
denn ein ethisches Leben ist das Sprungbrett zur Spiritualität.
c) Kriyaman: Es ist die laufende Abrechnung unserer bewußt verübten
Handlungen und Taten in diesem gegenwärtigen Dasein. Diese Art von Karma ist
ganz anders als die ersten beiden. Ungeachtet der Grenzen, die uns das
Pralabdh-Karma oder die unabänderliche Bestimmung auferlegt, ist jeder Mensch
mit einem freien Willen begabt und gleicherweise frei, die Saat zu säen, die er
ernten will. Mit der Gabe der Unterscheidungskraft ausgestattet, die allein dem
Menschen zu eigen ist, kann er selbst beurteilen, was recht und was falsch ist;
und daher wäre es unvernünftig und überheblich von ihm, ein Bett aus Rosen zu
erwarten, wo er Disteln und Dornen sät. Es liegt ganz an ihm, die Zukunft nach
seinem Willen zum Guten zu formen oder zu zerstören. Eine Meisterseele kann ihm
die rechte Führung geben, indem sie ihm die wahren Werte des Lebens darlegt —
eines Lebens, das mehr ist als das körperliche Gewand und alles, was es mit
einem von den Sinnen beherrschten Dasein verbindet. Unter seiner Führung
entwickelt man sich und löst sich leicht von der Welt und dem weltlichen
Geschehen; und wenn einmal der magische Zauber gebrochen ist, blickt einem die
nackte Wirklichkeit unverhüllt ins Gesicht und bietet dadurch die günstige Gelegenheit,
unversehrt zu entkommen. Gewöhnlich tragen jedoch einige der Kriyaman-Karmas
noch in diesem Leben Frucht, während andere — die nicht zur Reife gelangten —
dem großen Konto der Sanchit-Karmas übertragen werden, das von Zeitalter zu
Zeitalter zunimmt. So ist es einem jeden von uns gegeben, rechtzeitig zu
überlegen und die Folgen seiner beabsichtigten Handlungen und Taten gut
abzuwägen, bevor er einen unwiderruflichen Schritt wagt — einen Sprung ins
Dunkle oder einen unüberlegten Sturz in einem auf ewig bereuten Anfall von
Heftigkeit, den er aber nicht ungeschehen machen kann, indem er dem
vermeintlich unheilvollen Einfluß der Sterne die Schuld zuweist. Ein
Eisenbahn-Ingenieur zum Beispiel muß die Geleise im voraus planen, denn wenn
sie einmal gelegt sind, fährt der Zug blindlings darauf. Ein kleiner Fehler
beim Legen der Schienen, eine lockere Befestigung oder ein falscher Winkel
können verhängnisvolle Folgen haben. Selbst wenn alles recht getan ist, muß er
Tag und Nacht beständig und sorgsam wachen, daß nicht irgend etwas aus den
Fugen gerät oder die Geleise womöglich von böswilligen Menschen beschädigt
werden.
Gemäß den Gesetzen der
Natur, die alles Leben bestimmen, ist der Mensch (die verkörperte oder
inkarnierte Seele) wie ein kostbares Juwel in drei Schatullen oder Körper
gehüllt — den physischen, astralen oder mentalen und den kausalen oder
Saat-Körper — die alle mehr oder weniger irdischer Natur sind und verschiedene
Grade an Dichte besitzen.
Und es gibt himmlische Körper und
irdische Körper;
aber eine andere Herrlichkeit haben
die himmlischen
und eine andere die irdischen.
1. Kor. 15,40
Sie gleichen dem äußeren
Gewand, das wir tragen: der Jacke, der Weste und dem Hemd darunter. Wenn der
Mensch den physischen Körper ablegt, trägt sein Geist noch den Astral- oder
Mental-Körper. Unter dem astralen Kleid ist er noch vom dünnen Schleier des kausalen
oder ätherischen Saatkörpers bedeckt. Solange er nicht fähig ist, den
physischen Körper abzulegen, kann er den ersten Himmel oder das Astralreich im
Innern nicht betreten.
Das sage ich aber, liebe
Brüder, daß Fleisch und Blut nicht können das Reich Gottes ererben; auch wird
das Verwesliche nicht erben die Unverweslichkeit. . .
Denn dies Verwesliche muß anziehen die Unverweslichkeit, und dies Sterbliche
wird anziehen die Unsterblichkeit. Wenn aber dies Verwesliche wird anziehen die
Unverweslichkeit und dies Sterbliche wird anziehen die Unsterblichkeit; dann
wird erfüllt werden das Wort, das geschrieben steht: "Der Tod ist
verschlungen in den Sieg. Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein
Sieg?"
1. Kor. 15;50,53-55
Das Ablegen des Körperkleides
oder diese Umwandlung geschieht entweder durch die letzte Auflösung, diesen
Zerfallsprozeß, der gewöhnlich als Tod bekannt ist, oder wird durch die
Methode des willkürlichen Zurückziehens der Sinnesströme vom Körper bewirkt,
die man mit fachlichen Worten als "Erheben über das Körperbewußtsein",
das durch einen Prozeß der Umkehr und Selbstanalyse geschieht, bezeichnen kann.
Die Evangelien beschreiben dieses Zurückziehen als "Von neuem geboren
werden" oder "Auferstehung". Die Hinduschriften nennen es
"Zweite Geburt" oder "do-janma". Es ist eine Geburt des
Geistes, die andere ist als die durch das Wasser (der äußeren Taufe) — denn die
letztere ist aus "verweslicher Saat", wohingegen die erstere aus
"unverweslicher Saat" geschieht, die unveränderlich und beständig
(da reinen Geistes) ist. Die Moslem-Derwische (Mystiker) nennen diesen Tod im
Leben Tod vor dem Sterben. Durch die
gütige Hilfe eines Meister-Heiligen, der selbst ins Jenseits ging und anderen
helfen kann, das gleiche zu tun, kann man lernen, wie man sich nicht nur vom
physischen Körper, sondern auch von den beiden anderen Körpern (dem astralen
und dem kausalen) zurückzieht. Man hat also "dem Fleische um des Geistes
willen zu entsagen", wenn man danach verlangt, dem sich endlos drehenden
Rad des Lebens auf diesem irdischen Gestirn (der Erde) zu entkommen. Bei einem
gewöhnlichen, natürlichen Verlauf der Dinge hat der Jiva (die verkörperte Seele
oder der menschgewordene Geist) keine andere Wahl, als nach dem physischen Tod
in einer körperlichen Form wieder zur irdischen Ebene zurückzukehren, deren Art
von seinen zeitlebens gehegten Vorlieben und Neigungen bestimmt wird, von der
Stärke seines Verlangens und seinen langgehegten, unerfüllten Wünschen, die
seiner geistigen Struktur eingeprägt sind und zur Zeit seines Todes
vorherrschen und den überwältigenden Einfluß bilden, der seinen zukünftigen Weg
mit unwiderstehlicher Kraft gestaltet.
So gütig und großmütig ist der
göttliche Vater —
er gewährt seinen Kindern,
wonach sie auch immer verlangen.
Doch wenn man unter der
Führung eines vollendeten Meisters (eines Sant-Satguru) den praktischen Vorgang
der Selbstanalyse, das heißt das willentliche Zurückziehen vom physischen
Körper, erlernt und diese Fähigkeit durch regelmäßige Übung entwickelt, dann erlangt
man noch während des Lebens eine Erfahrung vom Jenseits (vom Tod im Leben) mit
dem Ergebnis, daß einem die uralten trügerischen Vorstellungen allmählich wie
Schuppen von den Augen fallen und die Welt und die weltlichen Dinge ihren hypnotischen
Reiz verlieren. Nun sieht man die Dinge in ihren wahren Farben, erkennt ihren
wirklichen Wert und wird allmählich wunschlos und frei — Herr seiner selbst,
eine befreite Seele (jivan mukat); und danach lebt man nur mehr, um die
zugewiesene Lebensspanne ohne Gebundenheit zu vollenden. Dies wird Neue Geburt
(oder zweite Wiederkehr der Seele) in ein ewiges Leben genannt. Doch wie kann
man sie erlangen? Christus sagt uns:
Und wer nicht sein Kreuz auf sich
nimmt und folget mir nach,
der ist mein nicht wert. Wer sein Leben findet, der wird's verlieren;
und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird's finden.
Matth. 10,38-39
Und im Lukas-Evangelium
heißt es:
Da
sprach er (Jesus) zu ihnen allen: Wer mir folgen will,
der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich
und folge mir nach.
Lukas 9,23
Und wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt,
der kann nicht mein Jünger sein.
Lukas 14,27
So sehen wir, daß der Tod
in Christus der Weg ist, um mit Christus auf ewig zu leben. Lernt zu sterben,
damit ihr zu leben beginnt, sind die einleitenden Worte aller Heiligen, wenn
sie zu uns sprechen. Unter den Moslems ist dies fana-fil-sheik oder Auslöschen des Selbst im Murshid oder Meister
bekannt. Es ist deshalb von höchster Wichtigkeit, als erstes einen lebenden
Meister zu suchen, der kompetent genug ist, den anderenfalls endlosen Zyklus
der Karmas ein für allemal zu beenden, und dann zu seinen Heiligen Füßen
Zuflucht zu suchen, um sich dadurch von dem unheilvollen Einfluß der eigenen
Taten zu befreien, die sonst fortfahren, einen in der Gestalt von Eumeniden
und Furien heimzusuchen.
Über
die Macht des Jagat-Guru vernehmen wir:
Ein Jagat- Guru vermag die Karmas durch seinen Blick
und sein Wort auszulöschen.
In seiner Gegenwart fliehen die Karmas
wie Herbstlaub vor dem Wind.
Und wiederum lesen wir in
den heiligen Schriften:
Groß
ist die Macht des Engels der Gerechtigkeit,
und keiner vermag seinem Zorn zu entgehen;
aber vor dem Trompetenschall des Wortes
flieht er voll Todesfurcht.
Was nun das Wirken des
karmischen Gesetzes betrifft, mag uns das folgende Beispiel helfen, den
Sachverhalt besser zu verstehen: Nehmen wir zwei Sorten Weinbeeren — gelbe und
braune. Die gelben Samen sollen die guten und die braunen die schlechten Taten
verkörpern. Und ein Raum ist bis zur Decke mit großen Mengen dieser Saaten
angefüllt, die nun gleichsam das Lagerhaus der Sanchit-Karmas eines Menschen
darstellen.
Da ist nun "A"
(ein physischer Körper plus Gemüt, plus Seele), ein Mensch, der sein ganzes
Leben lang wünschte, ein König zu werden. Er wird krank, und dieser unerfüllte
Wunsch beherrscht weiterhin sein Gemüt. Und nach einiger Zeit zwingt ihn die
Natur, den physischen Körper aufzugeben, aber gemäß dem Gesetz des Lebens nach
dem Tode ist er noch immer in den astralen (mentalen) und kausalen
(ätherischen) Körper gekleidet. Er wirkt nun als entkörperte oder nicht mehr
inkarnierte Seele in einem anderen Gewand aus astraler und kausaler
Gemütssubstanz. Da das Gemüt das Lagerhaus aller Eindrücke ist, erinnert sich
"A" noch immer seines Wunsches, König zu werden. Da "A"
nun ein körperloser Geist (Jiva) und seiner physischen Hülle beraubt ist, sieht
er sich einer Schwierigkeit gegenüber. Er kann solange kein König werden, bis
er nicht wieder ein physisches Kleid angelegt hat, das es ihm erlaubt, auf der
einen oder anderen Stufe seiner irdischen Laufbahn die Rolle eines Königs anzunehmen.
Von der unfehlbaren motorischen Kraft seiner Gemütssubstanz angetrieben, die
hinter aller Aktivität wirkt, wird er dazu geleitet, so viele Karmas
aufzunehmen, die noch nicht Frucht getragen haben, daß eine neue Folge von
Umständen herbeigeführt wird, die ihm dazu verhilft, seinen lang gehegten und
tief eingeprägten Wunsch zu verwirklichen.
Die große bewegende
Kraft, auf die eben verwiesen wurde, hat zwei Aspekte: einen positiven wie auch
einen negativen. Der positive führt uns zur Reise in die Heimat und der
negative beherrscht und lenkt das Leben auf der irdischen Ebene. Die Natur oder
der negative Aspekt dieser Kraft, die doch nur eine ist, befaßt sich allein
mit dem geordneten Ablauf des Lebens, wie es auf der physischen Ebene besteht;
ihre Hauptaufgabe ist es, die Welt in Gang und reich bevölkert zu halten und
die Menschen an die verschiedenen Lebensaufgaben zu binden, wie der Fall gerade
liegt, was in der Umgangssprache "Pralabdha" genannt wird, das das
irdische Leben eines jeden einzelnen mit absoluter Genauigkeit und unfehlbarer
Geschicklichkeit bestimmt.
So ist man im oben
beschriebenen Ausmaß in einer Art Falle gefangen und kann nicht anders, als
das zu enthüllen, was man in verhülltem Zustand mit sich bringt. Das ist wie
eine Offenbarung der unoffenbarten Vergangenheit, die als verborgene Saat oder
Essenz auf dem Grund der Gemütssubstanz ruht und mit ihren mannigfachen Mustern
und vielfältigen Farben, die verschiedene Linien bilden, auf der Leinwand des
Lebens aufleuchtet, so wie auch das Leben von einer ursprünglich reinen und
ewigen Strahlung ausgeht, die wir gewöhnlich aus der Sicht verlieren, je mehr
wir uns in dem "Dom aus vielfarbigem Glas" verlieren, der uns
umschließt und uns im Lauf der Zeit von allen Seiten bedrängt. Mutter Natur
umsorgt nun ihr Pflegekind und überschüttet es in solchem Maß mit all ihren
Gaben, daß es sich dessen, wonach es in der Vergangenheit so sehr verlangte,
unwissentlich in Fülle und bis zum Übermaß erfreut. Vom Zauber der Gaben
geblendet, vergißt es den großen Wohltäter, den Spender aller Gaben und ist im
Netz des Todes unentrinnbar gefangen.
Doch das ist nur ein Teil
des Lebens, das "A" wie ein vorherbestimmtes Spiel erfährt. Daneben
gibt es noch ein anderes, sehr lebendiges Gegenstück, das auf der Freiheit des
Handelns und auf unserem unabhängigen Willen beruht, der einem jeden von uns
gegeben ist. Die Erlösung liegt im rechten Verstehen der höheren Werte des
Lebens und darin, daß man von der günstigen Gelegenheit, die einem zuteil
wird, den besten Gebrauch macht; und wir können sie hier und jetzt erlangen.
Sonderbarerweise ist der Mensch also nicht nur eine Schöpfung seines Schicksals
(aus der Vergangenheit) sondern ebenso der Schöpfer seines Geschickes (in der
Zukunft). Was wir mit uns bringen, das muß geschehen; und was wir jetzt tun,
das gibt unserer Zukunft Gestalt. Es ist darum weise, die rechte Wahl zu
treffen. Die Gemütskraft ist ein ungeteiltes Ganzes, und wenn man sie sich wie
einen gehorsamen Diener auf rechte Weise nutzbar macht, kann sie einem großen
Gewinn bringen. Doch wenn ihr erlaubt wird, den lebensspendenden Geist zu
überwältigen, erweist sie sich als heimtückischer Parasit, der die Lebenskraft
schwächt und die Wirtspflanze, auf der sie gedeiht und die ihr Leben und Nahrung
gibt, dahinwelken läßt. Daher müssen wir all unsere Aufmerksamkeit der rechten
Aussaat und ihrer Pflege zuwenden, während wir die uns bestimmte Rolle im Drama
des Menschen auf der Bühne des Lebens im Licht der ewigen Strahlung spielen,
die dick und dünn durchdringt, ob wir es nun wissen oder nicht. Der Höchste
Wille ist bereits ins Muster unseres Seins gewirkt, denn ohne ihn kann nichts
bestehen; und wenn wir diesen Willen erkennen und in Einklang mit ihm handeln,
können wir dem Rad des Lebens entfliehen. Guru Nanak sagt im "Jap
Ji":
Wie kann man die Wahrheit erkennen und die Wolken der
Täuschung durchdringen? Es gibt einen Weg, o Nanak, seinen Willen zu dem
unseren zu machen; seinen Willen, der bereits in unserem Dasein wirkt.
So sehen wir, daß die
Karmas und Wünsche für den endlosen Zyklus der Geburten und Wiedergeburten
verantwortlich sind. Wie kann man diesen unaufhörlichen Kreislauf beenden? Es
gibt nur zwei Wege, das ungeheuer große und grenzenlose Vorratslager der Karmas,
diesen undurchdringlichen Granitwall zwischen dem Menschen und dem Höchsten
oder diesen dicken Schleier des unwissenden Gemüts, der stets unsere Augen
bedeckt und unsere Sicht verdunkelt, zu erschöpfen oder aufzulösen. Die zwei
Möglichkeiten, dieses immer umgangene und verwirrende Problem zu lösen sind:
a) es der
Natur zu überlassen, das Vorratslager im Lauf der Zeit zu entleeren, sofern das
überhaupt möglich ist;
b) von einer
Meisterseele die wirkliche Erkenntnis und Erfahrung der Wissenschaft des Lebens
auf den irdischen wie auch spirituellen Ebenen zu erlangen und jetzt in diesem
Leben daran zu arbeiten, eine um die andere Ebene zu überschreiten, solange es
uns noch möglich ist und wir die günstige Gelegenheit dazu besitzen.
Der erste Weg ist nicht
nur endlos lang, sondern auch äußerst schwierig und gewunden, trügerisch auf
Schritt und Tritt und voller Gefahren und Fallgruben. Man brauchte zahllose
Leben, um zum Ziel zu gelangen, falls man überhaupt das Glück hätte, es zu
erreichen. Zudem hilft die Natur von sich aus kaum jemanden, sich von dem
unerbittlichen karmischen Gesetz zu befreien, denn das würde bedeuten, daß sie
sich und ihre Sippschaft selbst auslöscht. Die menschliche Geburt ist in der
Tat ein seltenes Vorrecht, das man erst erlangt, nachdem man einen langen
Evolutionsprozeß der Schöpfung durchschritten hat, der sich auf unzählige
Formen und Verkörperungen erstreckt, die das Lebensprinzip auf der physischen
Ebene annimmt. Wenn diese goldene Gelegenheit einmal verloren ist, muß der Jiva
oder der verkörperte Geist sich wiederum dem Rad des Lebens unterwerfen und
dies gemäß der Wesenszüge, die ihn während seines Lebens in der Welt gewöhnlich
beherrschten und besonders jener, die zur Zeit seines Scheidens von dieser Welt
machtvoll hervortreten, denn das Gesetz lautet: "Wo das Herz ist, dahin
zieht es den Geist mit unwiderstehlicher Macht." Da dies gilt, ist es für
den gewöhnlichen verkörperten Geist fast unmöglich, sich über die Sinnesebene
zu erheben und das Gemüt durch eigene Anstrengungen, wie herkulisch sie auch
sein mögen, ohne Hilfe und Führung ruhig und in sich selbst vertieft zu halten.
Nur ein Gottmensch oder die Meisterkraft kann einem Jiva aus Barmherzigkeit
dazu verhelfen, das verlorene Königreich — die spirituelle Ebene —
wiederzugewinnen, jenes Reich, aus dem ein jeder von uns durch seinen
Ungehorsam gegenüber den Geboten Gottes vertrieben wurde.
Dieser Weg ist also voll
ungeahnter Gefahren, die bei jedem Schritt auf uns lauern und uns selbst aus
unserem innersten Wesen heraus bedrohen. Und daher wird kein vernünftiger
Mensch jemals den Versuch wagen, diesen einsamen und mühevollen Weg zu beschreiten,
der eher in eine Sackgasse führt, als zum Ziel. Wenn man den zweiten Weg
aufnimmt, sucht man einen kompetenten spirituellen Meister, dessen Einfluß
sich auf alle untergeordneten Kräfte in dieser Welt und auf den höheren
Seinsebenen erstreckt. Er kann die karmische Rechnung des bankrotten Geistes begleichen.
Von dem Augenblick an, da er einen Menschen als sein Eigen annimmt, nimmt er
den Vorgang der Auflösung des endlosen karmischen Geschehens, das aus
unbekannter Vergangenheit herrührt, in die eigenen Hände. Er gebietet dem
sinnlosen und leichtfertigen Leben, in das wir uns verloren haben, Einhalt.
"Bis hierher und nicht weiter" lautet sein Gebot; und dann stellt er
den einzelnen auf die erhabene Straße, die zu Gott führt. Gewöhnlich greift er
in das Pralabdh oder Schicksal nicht ein, denn wir müssen es notgedrungen so
gut als möglich erfüllen, um seine Frucht zu ernten und die uns zugewiesene
Lebensspanne zu beenden; während er Sanchit oder das ungeheure Lagerhaus — da
er ein bewußter Mitarbeiter am göttlichen Plan ist — durch die Verbindung des
Geistes mit dem Lebensfunken von "Naam" verbrennt. Die Berührung mit
Naam oder dem Heiligen Wort verwandelt das Vorratslager der Sanchit-Karmas und
auch die noch nicht fruchtgetragenen Kriyaman-Karmas, die wir bisher bewirkt
haben, mit einem Mal zu Asche, gerade wie ein Feuerfunke einen ganzen Wald oder
einen Haufen Brennholz, das auf dem Boden liegt, einäschert. Im Pauri 20 des
"Jap Ji", dem Morgengebet der Sikhs, sagt uns Guru Nanak so schön:
„Wenn Hände, Füße und der Körper (mit Staub) bedeckt
sind,
werden sie mit Wasser reingewaschen;
sind unsere Kleider schmutzig und befleckt, werden sie
mit Seife gereinigt;
aber wenn das Gemüt von Sünden beschmutzt ist,
kann es nur durch die Gemeinschaft mit dem Wort wieder
Reinheit erlangen.
Durch Worte allein werden die Menschen nicht zu Heiligen
oder Sündern;
doch sie tragen ihre Taten mit sich, wohin sie auch
gehen.
Wie man sät, so erntet man.
0 Nanak, die Menschen kommen und gehen
durch das Rad der Geburten und Tode, wie es Sein Wille
bestimmt.“
Es ist nun ganz deutlich,
daß das Gemüt der Hauptmagnet ist, der die Karmas mit all ihren
Begleitumständen anzieht. Das Gemüt übt einen gewaltigen Einfluß auf den
Menschen aus und gebraucht unseren Surat (die Aufmerksamkeit, den äußeren
Ausdruck der uns innewohnenden Seele), die wertvollste aller ererbten
Fähigkeiten des Menschen — das kostbare Juwel von unendlichem Wert — als sein
Werkzeug.
Die Meister-Heiligen
kommen mit einer göttlichen Aufgabe und Sendung in diese Welt. Sie sind von
oben beauftragt, den Menschen aus der karmischen Gebundenheit zu befreien. Wenn
man das Glück hat, solch einen Heiligen zu finden und man sich selbst seinem
Willen unterwirft, nimmt er den Geist in seine Obhut. Seine erste und
wichtigste Aufgabe ist es, den magischen Zauber der karmischen Fangarme zu
brechen, die uns mit tödlichem Griff umklammern. Er rät uns, ein
wohlgeordnetes und höchst diszipliniertes ethisches Leben zu fuhren, um der
weiteren Aufnahme übler Einflüsse oder karmischer Eindrücke zu entgehen. Er
sagt uns, daß alle Gaben der Natur, einschließlich der Sinnesobjekte, nur für
den rechtmäßigen und angemessenen Gebrauch gedacht sind und nicht zur
Sinnesbefriedigung und zum Vergnügen. All unsere Schwierigkeiten ergeben sich
aus der Tatsache, daß wir uns den Sinnesfreuden gierig und bis zum Überdruß
hingeben, mit dem Ergebnis, daß wir, anstatt uns der weltlichen Genüsse zu
erfreuen, gänzlich von ihnen beherrscht werden und sie uns körperlich und
geistig völlig zugrundegerichtet zurücklassen. Wir vergessen, daß wahres Glück
eine Geisteshaltung ist, die von innen kommt, wenn wir den Lebensstrom (das
Heilige Wort) bewußt erwecken, der verborgen in uns liegt, und unser
"Selbst" mit dem "Lebensprinzip" nähren, das allen Dingen,
sichtbar und unsichtbar, innewohnt und die einzige Antriebskraft ist, die das
ganze Universum erschafft und erhält.
Der Gottmensch hält
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in seinem mächtigen Griff und führt seine
Kinder wie ein mitleidsvoller Vater auf den Pfad der Rechtschaffenheit und
Redlichkeit, der allmählich zur Selbsterkenntnis und Gotterkenntnis leitet, um
am Ende den Preis der Gottheit zu erlangen. Gerade wie ein Kind nicht weiß,
was sein Vater von Zeit zu Zeit für es bereithält, so weiß ein Neophyt
(Strebender) nicht, was sein himmlischer Vater für ihn tut. Doch indem wir
seinem Weg folgen, können wir die esoterischen Geheimnisse allmählich erfahren,
die sich uns dann mit jedem Schritt von selbst enthüllen.
Was weißt du arme Seele in diesem Körper?
Du bist zu beschränkt und elend,
um auch nur dich selbst zu begreifen.
John Donne
III
Die Art und Weise, wie
der Meister das schwierige und verwirrende Problem der Karmas in Angriff nimmt,
wird nachfolgend kurz erklärt:
Sanchit
oder die Saatkarmas: Sie liegen verborgen im
Vorratslager und bilden seit endlosen Zeiten, vom Anbeginn der Welt an, eine
Rechnung zu unseren Lasten. Niemand kann ihnen entgehen, bis sie sich nicht in
den unzähligen Lebensläufen, die noch vor uns liegen, ausgewirkt haben (und
dies müßte geschehen, ohne ihnen neues Karma hinzuzufügen, was der Natur der
Dinge nach eine Unmöglichkeit ist). Es ist also nicht möglich, diese gewaltige
Schuld zu begleichen, die uns belastet. Gibt es dann keinen Weg, um diesen großen
Abgrund, der zwischen Bewußtsein und Unterbewußtsein liegt, zu überbrücken und
wiederum die Kluft, die das Unterbewußte vom Unbewußten trennt, zu überwinden?
Für jedes Übel, sei es spirituell oder weltlich, gibt es ein Heilmittel. Wenn
man Samenkörner in einer Pfanne erhitzt, bis sie platzen, verlieren sie ihr
Keimvermögen oder ihre Fruchtbarkeit, mit anderen Worten: die Kraft zu keimen
und Frucht zu tragen. Auf genau die gleiche Weise können die Sanchit-Karmas mit
dem Feuer von Naam oder dem Wort versengt oder verbrannt und somit für die
Zukunft unschädlich gemacht werden, denn dann wird man ein bewußter
Mitarbeiter am göttlichen Plan und verliert jede Verbindung mit der unbekannten
Vergangenheit.
Pralabdh-Karmas: Sie bestimmen unser gegenwärtiges
Schicksal, bilden den Bestand oder die Bestimmung, wie man es nennen mag. Ihre
Frucht muß ertragen werden, ganz gleich, wie bitter oder süß sie ist, denn man
kann nicht umhin, das zu ernten, was man einmal gesät hat. Der Meister
überläßt sie darum dem Menschen unberührt, damit er sie mit liebevoller
Sanftmut erträgt und im gegenwärtigen Leben zu Ende bringt. Denn wenn diese
Karmas ausgelöscht oder auf irgend eine Weise geändert würden, hätte das die
Auflösung des Körpers zur Folge. Doch wenn er sich mit ihnen auseinanderzusetzen
hat, wird der Schüler nicht allein gelassen. Sobald der Meister ihn initiiert
hat, kümmert sich die Meisterkraft um den Schüler. Bei jedem Schritt wird ihm
ein gutes Stück geholfen. Durch allmähliche spirituelle Disziplin erlernt er
den Vorgang der Selbstanalyse und des Zurückziehens und sein Geist gewinnt
Stärke, mit dem Ergebnis, daß die sonst schmerzlichen Auswirkungen dieser
Karmas nunmehr bloß wie eine sanfte Brise über ihn wegwehen und ihn unversehrt
lassen. Sogar bei ernsten und unheilbaren Fällen bringt der Meister sein Gesetz
des Mitgefühls und der Gnade zur Anwendung. Alles Leid des ergebenen Schülers
wird erheblich gemildert und abgeschwächt. Manchmal wird die Intensität
körperlicher und geistiger Nöte ein wenig verstärkt, um die Dauer des damit
verbundenen Leidens zu verkürzen, während in anderen Fällen ihre Stärke
erheblich verringert und ihre Dauer verlängert wird, wie es jeweils angemessen
erscheint.
Aber das ist nicht alles.
Die Leiden, Nöte und Krankheiten des physischen Körpers rühren von den
Sinnesfreuden her; und das physische Leid muß natürlich vom physischen Körper
ertragen werden. Der Meister als das verkörperte Wort oder der irdische Pol
Gottes weiß alles über die Schüler, wo sie auch sein mögen, weit entfernt oder
ganz nahe. Selbst wenn er durch das Gesetz des Mitgefühls die Karmas seiner
ergebenen Schüler übernimmt, muß er sie seinen eigenen Schultern aufbürden,
denn die Gesetze der Natur müssen auf die eine oder andere Weise erfüllt
werden. Dies geschieht nur in seltenen Fällen, wenn es der Meister für
erforderlich hält. Überdies würde wohl kein Schüler einen Ablauf des Geschehens
hinnehmen wollen, bei dem der Meister für seine Vergehen zu leiden hätte. Im
Gegenteil muß der Schüler lernen, aufrichtig zu seinem Meister zu beten; und
wenn er das tut, kann er gewiß sein, daß ihm alle mögliche Hilfe zuteil wird,
um seine Not zu lindern oder seine Lage zu verbessern und das sich ergebende
Leid zu verringern. Und die Seele selbst wird erstarken, wenn sie sich vom Brot
des Lebens ernährt und durch das Wasser des Lebens erhält.
Es gibt jedoch Dinge,
über die der Mensch keine merkliche Kontrolle hat:
a) die Süße und die Bitternis des Lebens mit ihren Annehmlichkeiten
und Unannehmlichkeiten sowohl physischer als auch
geistiger Art;
b) Reichtum, Wohlstand und Macht oder Armut, Elend und
niedriger Stand;
c) Name und Ruhm oder schlechten Ruf und völliges
Vergessensein.
All das sind die
gewöhnlichen Begleiterscheinungen des Lebens auf Erden, die uns widerfahren und
vorübergehen, wie es vorherbestimmt ist. Alle menschlichen Bestrebungen zielen
darauf ab, eine oder mehrere Annehmlichkeiten des Lebens zu erhalten und das
Unangenehme zu umgehen, ohne zu erkennen, daß das Leben selbst wie eine Wolke
vorüberzieht, gleich einem Schatten ohne Substanz, einer Fata Morgana oder
einem Irrlicht. Durch Unterweisung und Übung machen die Meister-Heiligen dem
Jiva die trügerische Natur der Welt und alles Irdischen deutlich und
offenbaren in ihm die ewige Quelle des Lebens, die ihn, wenn er sie gefunden
hat, bis ins innerste Mark und alle Fasern seines Seins erfüllt und ihm völlige
Zufriedenheit schenkt und ihn befähigt, das Leben selbst mit Freuden
aufzugeben.
Kriyaman-Karmas: Das sind jene Karmas, die wir
während unseres gegenwärtigen Aufenthalts auf der irdischen Ebene täglich
bewirken. In dieser Hinsicht wird jedem Schüler auferlegt, von jetzt an ein
ganz keusches und reines Leben in Gedanken, Worten und Taten zu führen und sich
allem zu enthalten, was von Übel ist, denn jede Verletzung oder Nichteinhaltung
dieses Gesetzes hat unweigerlich Leid zur Folge, und der Preis der Sünde ist
nichts weniger als der Tod, wahrlich der Tod an den Wurzeln des Lebens. Hier
erhebt sich die Frage, wie die Meister-Heiligen manche der karmischen Bürden
der Jivas unter außergewöhnlichen und seltenen Umständen auf sich nehmen und es
einrichten, sie von den unangenehmen Auswirkungen zu befreien. Denn die
Karmas, die mit dem physischen Körper verbunden sind, müssen, wie bereits
gesagt, vom physischen Körper ertragen werden.
Gott selbst kleidete sich in des gemeinen Menschen
Fleisch,
um schwach genug zu sein, Leid zu erdulden.
John Donne
Die Geschichte gibt uns
ein Beispiel aus dem Leben von Babar, dem ersten Moghul-König Indiens. Sein
Sohn Humayun erkrankte schwer, und jeder bangte um sein Leben. In stillem
Mitgefühl betete der König zu Gott, es möge ihm erlaubt werden, die Krankheit
seines Sohnes zu übernehmen, und so seltsam es scheinen mag, von diesem
Augenblick an trat eine Wendung ein; der Prinz begann allmählich zu genesen,
während der König dahinsiechte und starb. Das ist nur ein einzelnes Beispiel
stellvertretenden Leids auf der menschlichen Ebene.
Der Meister ist eins mit
dem Herrn der Barmherzigkeit. In seinem Reich, das grenzenlos ist, gibt es kein
Aufzählen von Taten. In das Göttliche eingebettet, gewährt er jedem einzelnen
die Verbindung mit der erlösenden Lebensschnur im Innern, die in Zeiten der Not
als letzte Rettung dient. Das Schiff mag in den stürmischen Wassern des Lebens
hin und her geworfen werden, doch da es an der schwimmenden Boje verankert
ist, kann es nicht untergehen, ungeachtet der stürmischen Winde und Wasser
ringsumher. Der Mensch wird unweigerlich gezwungen, die Bühne der Welt
blindlings zu betreten, um einfach die Frucht seines Pralabdh-Karmas zu ernten,
von dem er keinerlei Kenntnis hat. Er ist sich nicht einmal des Wirkens der
physischen Ebene bewußt, geschweige denn der höheren Ebenen. Mit all seinen
Bekenntnissen und Beteuerungen erweist er Gott nur einen Lippendienst, da er
keinen Zugang zu den Göttlichen Bindegliedern im Innern hat, dem erlösenden Rettungsanker:
dem Licht und der Stimme Gottes. Er kennt nicht einmal die Natur seines
eigenen, wahren Selbst und gibt all seine Zeit den Sinnesfreuden hin. Er
betrachtet sich selbst nur als Zufallsgeschöpf, eine bloße Puppe auf der Bühne
des Lebens.
Andererseits kommt ein
Heiliger mit einem Auftrag und einem Ziel. Er ist Gottes Erwählter, sein
Messias und sein Prophet. Er wirkt in seinem Namen und durch die Kraft seines
Wortes. Er hat keinen eigenen, freien Willen, der vom Willen Gottes getrennt
ist; und da er sein bewußter Mitarbeiter am göttlichen Plan ist, sieht er die
verborgene Hand Gottes in allem Geschehen des Lebens. Er lebt in der Zeit und
gehört doch in Wahrheit dem Zeitlosen an. Er ist Herr über Leben und Tod, doch
voll Liebe und Mitleid für die leidende Menschheit. Es ist seine Mission, jene
Seelen mit Gott zu verbinden, die sich nach Wiedervereinigung mit Ihm sehnen
und aufrichtig danach streben. Ihr Tätigkeitsbereich ist ganz verschieden und
unabhängig von dem der Avatare oder Inkarnationen, denn diese wirken nur auf der
menschlichen Ebene, und ihre Arbeit ist es, die Welt in Gang und Ordnung zu
halten. Lord Krishna hat mit unzweideutigen Worten erklärt, daß er dann in die
Welt kommt, wenn das Spiel der Kräfte von Gut und Böse nicht mehr ausgewogen
ist, und es sein Ziel ist, das verlorene Gleichgewicht wiederherzustellen, den
Rechtschaffenen zu helfen und die Ungerechten zu bestrafen. Gleiches können
wir im "Ram Charitra Manas" über Lord Rama lesen. Er verkörperte sich
erneut, als das Übel in der Welt im Zunehmen war. Die Avatare kommen, um die
Gerechtigkeit wiederherzustellen. Sie können jedoch nicht die Gefängnistore der
Welt öffnen, um die Jivas herauszulassen und in die spirituellen Ebenen zu
bringen. Diese Aufgabe fällt gänzlich in den Bereich der Heiligen, die als
bewußte Mitarbeiter der Gotteskraft am Göttlichen Plan wirken und einzig die
Verehrung der Gottheit lehren, denn diese allein setzt den Auswirkungen des
Karmas ein Ende. Ein Moslem-Heiliger sagte: Zuletzt kam ans Licht, daß im Reich
der Darveshs Karmas nicht zählen.
Und wiederum heißt es:
Ein Meister-Heiliger verjagt die Karmas,
die wie Schakale vor einem Löwen flieh’n.
Keiner vermag den
Früchten seiner Taten zu entfliehen, nicht einmal Gespenster und Geister,
weder Riesen, Dämonen, Kinnaras, Yakshas,
Gandharvas, Devas und Götter. Jene mit leuchtenden, astralen und
ätherischen Körpern erfreuen sich der Früchte ihres Tuns in der Region von
Brahmand, der dritten großen Aufteilung über den beiden ersten, Pind und And.
Auch sie warten auf eine menschliche Geburt und streben sie an, um der Gewalt
der karmischen Rückwirkungen zu entgehen; denn allein in der menschlichen
Geburt hat man die Möglichkeit, mit einem Gottmenschen in Verbindung zu
treten, der einem das Geheimnis des göttlichen Pfades, den Tonstrom oder das
Heilige Wort, offenbaren kann.
Ein Mensch brauchte viele
Jahre geduldiger Meditation, wollte er fähig sein, das System von Gottes
mächtiger Herrschaft in gewissem Ausmaß zu verstehen; und dem forschenden
Sucher kann auf dieser Stufe nur sehr wenig gesagt werden. Es ist ebenso
schwierig, einen wahren spirituellen Meister zu verstehen. Doch bei alldem
spielt ein Heiliger, während er auf der Erde weilt, die normale Rolle eines
Menschen und spricht von sich selbst stets als von einem Sklaven, Leibeigenen
und Diener Gottes und seines Volkes. Wenn ein Meister-Heiliger die Lasten der
Karmas ergebener Seelen auf seine Schultern nimmt, übergeht oder beseitigt er
deswegen nicht das "Höchste Gesetz". Man kann seine Stellung mit der
eines verkleideten Königs vergleichen, der sich, um die Lage seiner Untertanen
zu verbessern, freiwillig unter sie mischt, um ihre Schwierigkeiten zu
verstehen und zuzeiten auch ihre Freuden und Sorgen zu teilen. Soweit es den
menschlichen Körper betrifft, macht ein Meister-Heiliger von einem besonderen
göttlichen Zugeständnis Gebrauch. Kurz gesagt, kann er den Tod durch die
Guillotine in einen Dornenstich verwandeln.
Manchmal erlaubt er
seinem Körper, in geringem Ausmaß zu leiden, was aber einen gewöhnlichen Menschen
in große Schwierigkeiten bringen würde. Auf diese Weise zeigt er den Menschen,
daß alle Körper leiden, denn so lautet das Naturgesetz für die verkörperten
Geschöpfe. "Das physische Leben ist nur Trübsal", erklärte Sakya Muni, Lord Buddha. Auch Sant Kabir
sagte, daß er noch keinen einzigen Menschen gesehen habe, der glücklich war;
jeder, dem er begegnete, befand sich in irgendeiner Not. Guru Nanak zeichnet
uns ein anschauliches Bild einer Welt voller Sorgen und Leiden, ausgenommen
jene seltenen Menschen, die bei Naam Zuflucht gefunden hatten. Durch diese
traurige Erfahrung um uns herum halten wir den Gottmenschen für einen
gewöhnlichen Sterblichen, wie wir es sind. Indem er körperlichen
"Schmerz" erduldet, bekleidet er allem äußeren Anschein nach die
Rolle eines Menschen, doch innerlich ist er immer vom physischen Körper
getrennt. Die ständige Verbindung mit der Gottheit im Innern ermöglicht ihm,
dem zu entgehen, was für den Schüler anderenfalls ein unerträglicher Schmerz
wäre.
Jeder, der auf diesen
Pfad gestellt wurde und sich mit dem Prozeß der Umkehr beschäftigt, kann seine
Sinnesströme vom Körper zurückziehen, wenn er sie am Zentrum hinter den Augen
sammelt. Die Zeit mag verschieden sein, die der einzelne Mensch jeweils
benötigt, um dieses Ziel zu erreichen, aber die Ergebnisse folgen mit
Sicherheit und sind in jedem Falle nachweisbar. Die ergebenen Schüler auf diesem
Pfad lehnen selbst auf dem Operationstisch die dem Patienten normalerweise
verabreichten Betäubungsmittel freiwillig ab. Sie ziehen ihr Bewußtsein vom
Körper zurück und spüren somit nicht die Auswirkungen des Messers oder
Skalpells des Chirurgen. Von Bhai Mani Singh, der durch Abschneiden aller
Gelenke zum Tode verurteilt worden war, wird berichtet, daß er dem Vorgang
nicht nur lächelnd zustimmte, sondern auch gegen den Scharfrichter Einspruch
erhob, als dieser versuchte, sich der schändlichen Aufgabe zu entledigen und
kurzen Prozeß zu machen, indem er die Glieder Stück für Stück abtrennte, statt
Gelenk für Gelenk, wie ihm befohlen worden war.
Die Satsangis, die die
Dinge mit offenen Augen betrachten, begegnen sehr oft derartigen Fällen. Jene
Seelen, die inneren Zugang haben, bleiben in das große Selbst im Innern
vertieft und stellen ihre Fähigkeiten nicht zur Schau. Dieses Gesetz bewährt
sich aus dem einfachen Grund, daß Taten wie diese oft darauf ausgelegt sind,
als Wunder zu gelten und daher gewissenhaft zu vermeiden sind. Heilige zeigen
keine Wunder und erlauben auch keinem Schüler, sich solch prahlerischem und
sinnlosem Blendwerk hinzugeben. Wenn Heilige scheinbar krank sind, kann man
allgemein sehen, daß sie vom Arzt verordnete Arzneien einnehmen, aber in
Wirklichkeit brauchen sie eine solche Behandlung nicht. Sie tun das nur, um die
Gesetze der Welt zu beachten. Auf diese Weise geben sie den Menschen ein
Beispiel, den üblichen weltlichen Weg mit Klugheit beizubehalten und sich
einer richtigen Behandlung zu unterziehen, falls es nötig ist. Natürlich wird
vom Schüler erwartet, Medikamente zu verwenden, die keinerlei Produkte oder
Substanzen tierischen Ursprungs enthalten; doch manche Schüler, die einen
unerschütterlichen Glauben an die gütige Kraft des Meister-Heilers im Innern
haben, vermeiden gewöhnlich auch die sogenannten "Heilmaßnahmen" und
erlauben der Natur, durch sich selbst zu wirken, denn die heilende Kraft im
Innern ist ein wesentlicher Bestandteil des menschlichen Systems. Die
körperlichen Störungen, die manchmal auftreten, sollten frohen Mutes angenommen
und ertragen werden, denn sie sind im allgemeinen das Ergebnis unserer eigenen
Ernährungsfehler und können durch die rechten hygienischen Maßnahmen und
ausgewählte Nahrung wieder behoben werden.
Hippokrates, der Vater
der medizinischen Wissenschaft, betonte mit Nachdruck, daß die Nahrung als
Medizin betrachtet werden sollte. Selbst schwere Erkrankungen, die von
karmischen Rückwirkungen herrühren, müssen ohne Murren oder Bitterkeit mit
Geduld ertragen werden, denn alle karmischen Schulden müssen bezahlt und die
Rechnungen hier und jetzt beglichen werden; und je schneller dies geschieht,
desto besser, statt irgendwelche Schulden bestehen zu lassen, die dann später
bezahlt werden müssen. Es wird berichtet, daß zur Zeit Hazrat Mian Mirs, eines
frommen Moslems und Mystikers, einer seiner Schüler namens Abdullah, seine
Sinnesströme zum Augenbrennpunkt zurückzog, als er erkrankte, und sich
unversehrt in die Zitadelle des Friedens einschloß. Doch als ihn sein Meister
Mian Mir besuchte, zog er Abdullah ins Körperbewußtsein zurück und gebot ihm,
zu bezahlen, was er schuldig sei, denn durch eine solche Taktik könne er sich
der Bezahlung nicht auf unbestimmte Zeit entziehen.
Im Gegensatz zu den
meisten von uns wenden die Meister-Heiligen nicht viel Zeit für die Pflege und
Bedürfnisse des Körpers auf. Sie betrachten das physische Kleid als bloßen
Lumpen, der eines Tages weggeworfen wird. Wenn es nötig ist, leisten sie
schwere körperliche und geistige Arbeit, ohne sich niederlegen oder ausruhen zu
wollen und bleiben ohne jede Unterbrechung viele Nächte lang wach. Solche
erstaunlichen Leistungen geben der modernen Wissenschaft Rätsel auf, doch für
die Heiligen sind sie etwas Alltägliches, denn sie sind mit den höheren
Gesetzen der Natur vertraut, von denen wir keinerlei Kenntnis haben, und machen
von ihnen Gebrauch. Handlungen oder Karmas können als persönliches Karma oder
Gruppenkarma eingeordnet werden. Letztere sind Karmas, die von einer
Gemeinschaft oder einem Volk als Ganzes ausgeführt und als Dharma bezeichnet
werden. Wie ein einzelner die Früchte seiner eigenen Karmas (Handlungen)
ertragen muß, so auch eine Gemeinschaft, denn auch sie muß die Auswirkungen der
allgemeinen Politik, die sie verfolgt, hinnehmen; was dazu führt, daß auch
unschuldige Menschen unter den Mißständen zu leiden haben, die aus dem falsch
erdachten Dharma der Gemeinschaft, der sie angehören, entstehen.
Als der persische Schah
Nadir in Indien einfiel und ein allgemeines Blutbad unter der Bevölkerung
Delhis befahl, war das ganze Volk bestürzt, und man glaubte, daß das soziale Unrecht
die Gestalt Nadirs angenommen habe. Die gerechte Vergeltung aller begangenen
Sünden und Versäumnisse hegt im Wesenskern des Naturgesetzes begründet, und
die Bestrafung sucht uns in der einen oder anderen Gestalt heim, ob man diese
Kraft nun Rachegöttinnen, Eumeniden oder wie auch immer benennt.
IV
Die Schriften berichten
uns die treffende Geschichte von Radscha Parikshat, der gehört hatte, daß
einer, der den Vortrag des Bhagwat durch einen Pandit vernähme, zum Jivan-mukat
würde — zu einem Menschen, der von jeder Gebundenheit frei ist. Eines Tages
rief er seinen Hofpriester zu sich und bat ihn, den erhebenden Text des Bhagwat
zu rezitieren, damit er von der Gebundenheit durch Gemüt und Materie frei
würde. Und er befahl, den Priester zu erhängen, falls sein Vortrag nicht die
Richtigkeit der heiligen Lehren bestätigen sollte. Da er nicht besser als
irgendeiner von uns war, erschrak der Priester sehr, denn er sah sich bereits
im Angesicht des Todes, weil er sehr wohl wußte, daß er dem König nicht zu
helfen vermochte, die Erlösung zu erlangen. Niedergeschlagen und über das ihm
drohende Verhängnis zutiefst besorgt kehrte er nach Hause zurück. Am Vorabend
des Tages, der für die Rezitation des Bhagwat bestimmt war, fand sich der
Priester halbtot vor Angst. Zu seinem Glück hatte er eine sehr kluge Tochter.
Auf ihre dringenden Bitten hin vertraute er ihr den Grund für seine
unglückliche Lage an. Seine Tochter tröstete ihn und versprach, ihn vom Galgen
zu erretten, wenn er ihr erlaubte, ihn am nächsten Tag zum König zu begleiten.
So ging sie am folgenden Tag mit ihrem Vater zum Königshof. Sie erkundigte
sich, ob der König Befreiung von der Gebundenheit an die Welt wünschte, was der
König bejahte. Sie sagte dem König, daß sie ihm helfen könne, seinen tief gehegten
Wunsch zu erfüllen, wenn er ihrem Rat folge und ihr erlaube, zu tun, was immer
sie wolle.
Sie brachte nun den König
und ihren Vater in den Dschungel und band einen jeden mit einem starken Seil an
einem anderen Baum fest. Dann forderte sie den König auf, seinen Priester
loszubinden und zu befreien. Der König gestand seine Hilflosigkeit ein: er
könne das nicht, weil er doch selbst festgebunden sei. Daraufhin erklärte ihm
das Mädchen, daß einer, der sich selbst in der Gebundenheit von Maya (der Täuschung)
befindet, einen anderen nicht aus eben diesen Fesseln lösen könne. Das Aufsagen
des Bhagwat könne sicherlich die magische Umhüllung der Täuschung zerbrechen,
wenn es durch einen befreiten Menschen geschähe, der selbst die Täuschung
durchbrochen hat; und so solle der König nicht von seinem königlichen Priester
die Befreiung erwarten, der genauso gefesselt sei wie er selbst. Nur einer, der
neh-karma oder nicht im Spinnengewebe
des Karmas verstrickt ist, besitzt die Fähigkeit, andere gleich sich selbst aus
dem tödlichen karmischen Kreislauf zu befreien.
Das zeigt also, daß das
bloße Studium der Schriften nicht viel dabei hilft, Moksha oder die Erlösung zu
erlangen, denn sie ist eine rein praktische Angelegenheit; und nur wenn man von
einem fähigen Adepten in dieser Wissenschaft geführt wird, erhält man die
rechte Unterweisung und gelangt zur Vollendung. Der Murshid-i-Kamil oder
vollkommene Meister muß als erstes die Teile der zerbrochenen Tafel des Gemüts
wieder zusammenfügen, die durch unsere zahllosen Wünsche und Sehnsüchte
zersprang, und sie zu einem vollständigen Ganzen machen, bevor er sie dann
durch und durch poliert, bis sie so rein wird, daß sie das Licht und die
Herrlichkeit Gottes wiederzuspiegeln vermag, was keine noch so große Buchgelehrsamkeit
vollbringen kann.
Natürlich kann man die
wahre Bedeutung der Schriften nicht erkennen und verstehen, bis sie einem von
einer Meisterseele erklärt werden, die in der Werkstätte ihres eigenen Geistes
eben das erfahren hat, wovon die Schriften berichten. Somit kann er den Schüler
aus eigener, persönlicher Erfahrung in den höchsten esoterischen Lehren
unterweisen und leiten, die uns die Schriften lediglich als knappe Sinnsprüche
wiedergeben, die den Verstand nur verwirren, der in seinem Umfang und Fassungsvermögen
doch recht begrenzt ist. Darum heißt es: „In der Gemeinschaft eines Sadh (oder
einer geschulten Seele) kann man Gott leicht erkennen." Nur eine befreite
Seele vermag eine andere Seele zu befreien und niemand sonst. In diesem
Zusammenhang heißt es:
Das Studium der Veden, Puranas und der Etymologe führt
zu nichts.
Ohne die Ausübung des heiligen Wortes
verbleibt man immer in tiefster Dunkelheit.
Ein Mensch, der die
Verwirklichung selbst erfahren hat, umfaßt alle Schriften und noch weit mehr
als sie, die bestenfalls die theoretische Seite der Lehren in subtiler Sprache
enthalten, doch die Idee selbst nicht wörtlich erklären oder eine tatsächliche
Erfahrung vermitteln können, wie es der Meister vermag.
Jeder versucht heutzutage
die Schuld oder Ursache seines Mißgeschicks auf die "heutigen
Zeiten" zu schieben, und diese Klage ist die größte aller Zeiten. Die
gegenwärtige wie auch die zukünftige Zeit gehört uns genausowenig wie die
Vergangenheit. Diese Welt ist ein gewaltiges magnetisches Feld, und je mehr wir
uns mühen, ihm zu entkommen, desto mehr werden wir in ihm gefangen und in
seinem Netzwerk verstrickt. Der Mensch tanzt in dem Netz und glaubt, daß ihn
keiner sähe. Der Kluge empfindet das Netz wohl, doch er weiß nicht, wo er sich
unbekümmert niederlassen kann. So dreht sich das gewaltige Schwungrad der
karmischen Mühle, dieses gigantische Rad des Lebens, still und unaufhörlich und
zerstampft alles gleicherweise langsam, doch unverkennbar zu Staub. Die Mühle
der Natur mahlt langsam, aber sicher. Manche empfinden es und sagen: „Es
scheint, daß die Natur den Menschen schuf und dann die Form zerbrach."
Keiner jedoch versucht,
das Warum und Wofür der Dinge, Ereignisse und Begebenheiten zu durchschauen,
denn voll Selbstzufriedenheit nehmen wir ungefragt alles so hin, wie es der
Lauf der Zeit mit sich bringt. Wir versuchen nicht, tief in die Dinge
einzudringen, um die Glieder der Kette aufzuspüren, die zu dem führen, was wir
sehen, spüren und erleben. Jeder vergißt bei seinem Umgang mit anderen, daß er
einfach für alles in der Welt zu bezahlen hat. Sogar die Gaben der Natur wie
Raum, Licht und Luft usw. sind nicht allen gleicherweise frei und in beliebigem
Ausmaß verfügbar. Aber jeder hält sich selbst für den einzigen und alleinigen
Treuhänder der freien Gaben Gottes. Er versucht, so tolerant als möglich zu
sein, stößt auf einzelne schlecht gefaßte Diamanten (Menschen) und wird durch
das "Gesetz des Gebens und Nehmens" berührt. Nur nach harten Schlägen
lernen wir, daß die Waagschalen keinen Unterschied zwischen Gold und Eisen
machen, sondern nur auf das tote Gewicht reagieren. Ein jeder weiß, daß man den
Nebel nicht mit einem Fächer vertreiben kann, und doch versuchen wir es und
machen dadurch die Verwirrung nur noch schlimmer. Ein Mensch, dessen Hände und
Füße in der endlosen Kette von Ursache und Wirkung gebunden sind, kann andere
nicht befreien. Wenn jeder in der Welt in tiefem Schlaf liegt, wer soll dann
wen aufwecken? Nur ein befreiter Mensch kann andere befreien, wenn er sich dazu
entscheidet, denn die Sünden und Unterlassungen, die wir begehen, entsprechen
dem Wesen des Naturgesetzes und suchen den Täter früher oder später in der
einen oder anderen Form heim.
Wenn man Vögel im Käfig
hält und Haustiere an die Kette legt und einsperrt, setzt man zu Unrecht
voraus, daß diese armen, unwissenden Tiere keinen Gerichtshof haben, um ihre
Klage vorzubringen. Manche glauben, ein Recht zu haben, sie so zu behandeln,
wie es ihnen gefällt. Sie schrecken weder davor zurück, sie zu töten, noch
zollen sie der allgemeingültigen Wahrheit: "Wie du säst, so wirst du
ernten", irgendeine Beachtung. Doch Unkenntnis des Gesetzes ist keine
Entschuldigung. Jedes Unrecht muß bestraft werden. Wer mordet, der wird selbst
getötet. Wer durch das Schwert lebt, wird durch das Schwert umkommen. Man muß
"Auge um Auge und Zahn um Zahn" bezahlen, was heutzutage genauso wahr
ist wie zur Zeit Moses. Wir feiern unsere Feste zweifellos sehr fröhlich, bis
die furchtbare Abrechnung kommt. Wir mögen unsere Augen vor den Naturgesetzen
schließen oder unser Vertrauen in die Wirksamkeit der priesterlichen Hilfe
setzen, doch es wird vergebens sein. Für Töten, Blutsaugen und dergleichen muß
man einen hohen Tribut entrichten. Jene, die vom Blut anderer leben und
gedeihen, können kein reines Herz haben und noch weniger Zugang zum Himmelreich.
"Selig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen."
Die Heiligen sagen, daß
der Mensch den höchsten Platz in Gottes Schöpfung einnimmt und mit einem
hervorragenden Verstand begabt ist und die begrenzte Spanne seines Lebens
daher nicht wie andere Geschöpfe blindlings vorüberziehen lassen darf. Er
sollte die goldene Gelegenheit, die er erhielt, um in die Arme Gottes und in
ursprüngliche Heimat zurückkehren, nicht versäumen. Solch eine unvergleichliche
Gelegenheit erhält man nur, wenn man die "Schaustellung der Welt"
ganz durchblickt und seine Rolle im großen Drama des Lebens erfolgreich zu Ende
gespielt hat. Im allgemeinen verstrickt sich der Mensch in den Zauber der
physischen Welt. Wenn das geschieht, verliert er unter dem überwältigenden
Einfluß der karmischen Rückwirkungen nach Myriaden von Verkörperungen die
einzige Gelegenheit, die er zur Rückkehr in die immerwährende Region des reinen
Geistes erhielt. In endloser Folge hat er einen Körper nach dem anderen
erhalten. Und allmählich beginnt er das Gewicht aller Arten von Gesetzen zu
empfinden — seien sie sozialer, körperlicher oder natürlicher Art — die seinen
Weg bei jedem Schritt gleich unüberwindlichen Hindernissen versperren. Und es
bleibt ihm keine andere Wahl, als darauf zu warten, bis er wieder als Mensch
geboren wird; und wer weiß, wann das sein mag? Die Heiligen bezeichnen die
Sünde ganz einfach als "Vergessen des Ursprungs" (oder der Gottheit).
Jeder Gedanke, jedes Wort oder jede Tat, die uns von Gott fernhält, ist
wahrlich Sünde; und was auch immer den Menschen Ihm näher bringt, ist dagegen
gottesfürchtig und heilig. Ein persischer Heiliger sagt, während er sich selbst
die Natur der Welt erklärt: „Die Welt kommt erst in Gang, wenn man den Herrn
vergißt. Durch die beständige Erinnerung an Gott ist man, während man mit
Freunden und Verwandten in der Welt lebt, doch nicht von der Welt."
Die meisten Sünden, ob
grober oder feiner Art, sind eine reine Einbildung des Menschen unter dem
Einfluß des Gemüts. Die feineren Sünden werden von den Heiligen, den lebenden
Verkörperungen von Gottes Gesetz der Liebe und Barmherzigkeit auf Erden, als
"verzeihliche Schwächen" betrachtet. Solange ein Mensch als Geschöpf
handelt, das von seinem eigenen Willen geleitet wird, unterwirft er sich selbst
allen Gesetzen und ihren Härten. Doch wenn man seinen selbstbestimmenden Willen
dem des Gottmenschen unterwirft, kommt man unter den Einfluß von Gottes Gnade
und Liebe. Das ist die rechte Einstellung zu den Sünden des täglichen Lebens.
(Siehe Anhang II)
Karmas sind die
ansteckendste Form unsichtbarer Krankheiten, denen der Mensch immer ausgesetzt
ist. Sie wirken sogar schneller, verheerender und zerstörerischer als die
tödlichsten und giftigsten Keime, die in die innersten Zellen des menschlichen
Körpers gelangen und sich ganz heimlich ins Blutsystem einschleichen. In der
Gemeinschaft wirken sich die Karmas zunächst sehr stark in Form einer Änderung
des Standpunktes und der Gedanken jener aus, die angeblich die öffentliche
Meinung bilden. Dann beeinflussen sie unsere Gemütsverfassung und Laune und
wurzeln sich schließlich in Form von Gewohnheiten ein, die dem Menschen zur
"zweiten Natur" werden. Die Vorfahren und Alten waren daher immer auf
der Hut und rieten uns, schlechte Gesellschaft zu meiden. "Gute Gesellschaft
bringt Gutes und schlechte nur Übles hervor." Man kann einen Menschen
ganz deutlich an seinem Umgang erkennen.
Um all diesen
Schwierigkeiten die Krone aufzusetzen, muß man unwissentlich sogar an den
karmischen Reaktionen der eigenen Familie teilhaben, in der man geboren und
aufgewachsen ist. Somit spielen Tugend und Laster eine wesentliche Rolle beim
Aufbau der Kultur. Auf diese Weise nehmen wir täglich und stündlich Karmas aus
unserer Umgebung auf. Der einzige Weg, dem karmischen Einfluß zu entgehen,
ist, durch fromme Heilige, die fest im Höchsten verankert und weit über der
Reichweite der Karmas stehen und in der Tat Neh-Karma und Jivan-Mukat sind, am
Gottespfad festzuhalten.
Es heißt, daß man im
Reich eines wahren Darvesh (Gottmenschen) keine Rechenschaft über seine Karmas
abzulegen braucht. Wer sich in die Gemeinschaft eines Sadhu begibt, der wendet
sich dem Besseren zu. Der Mensch neigt jedoch ganz natürlich dazu, eher das
Übel anzunehmen als die grenzenlose Güte der Heiligen. Die Gemeinschaft mit
einem Heiligen hat die wunderbare Wirkung, alle üblen Eindrücke zu beseitigen.
Der atmosphärische Wirkungsbereich eines Meister-Heiligen ist von einer solch
grenzenlosen Weite, daß man es sich kaum vorstellen kann. Die Heiligen kommen
nicht nur zum Wohl der Menschen, sondern zum Nutzen der ganzen belebten und
unbelebten Schöpfung auf allen Ebenen der Welt, sichtbar wie auch unsichtbar.
Das arme Geschöpf namens Mensch hat keinen wahren Freund. Selbst das Gemüt mit
den drei Gunas (den Eigenschaften von Satva
oder Reinheit, Rajas oder Tätigkeit
und Tamas oder Trägheit), das stets
als Komplize des Menschen wirkt, schaut auf ihn wie eine Katze, die ihren ruhelosen
Blick auf eine Ratte wirft. Jene, die den Befehlen ihres Gemüts gehorchen,
werden beständig von seinen Tücken beherrscht und liefern sich unsäglicher Not
und qualvollen Schrecken aus. Das "Gemüt" jedoch fürchtet die, denen
Gott durch seinen Mittler, den Satguru (den Gottmenschen) wohlgesonnen ist. Das
Gemüt wagt es nicht, die Privilegien und Rechte jener, die Er liebt und die
Sein Eigen sind, zu verletzen, und hilft ihnen vielmehr wie ein gehorsamer
Diener, der den Weisungen seines Herrn gehorcht. Wie das Feuer ist es ein guter
Diener, aber ein schlechter Herr.
In der Gemeinschaft eines Heiligen hat man nichts zu
bereuen.
In seiner Gemeinschaft erkennt man den Herrn und folgt
ihm getreu.
In seiner Gemeinschaft wird einem die höchste Gabe der Gottheit
zuteil.
Darum betonte Guru Nanak
mit Nachdruck:
0 Nanak! Reiße all die vergänglichen Bande der Welt
entzwei
und mache dich auf die Suche nach dem Wahren Einen.
Während alle anderen dich schon in deinem Leben
verlassen,
wird der Wahre Eine dich selbst ins Jenseits begleiten.
Und wiederum:
0 Seele, sei gewiß, daß der Gottmensch dir vor
dem Richterstuhl Gottes beistehen wird.
Baba Farid, ein
Moslem-Heiliger, sagt auf fast die gleiche Weise:
0 Farid! Begib dich eilends auf die Suche nach einem Befreiten,
denn nur er kann dich (von der Bindung an die Welt)
befreien.
Und wieder:
Das stets ruhelose Gemüt findet keinen Frieden,
bis es in einem Gottmenschen ruht.
Im Gurbani lesen wir:
In der Gemeinschaft eines Sadh wird den umherwandernden
Gedanken Einhalt geboten; allein der beruhigte Geist
kann das Licht des Herrn widerspiegeln.
Jeder Mensch ist in den
unsichtbaren Fesseln der Karmas physisch und geistig gebunden. Solange einer
dem Einfluß von Gemüt und Materie unterworfen ist und nicht den Schutz eines
Heiligen gesucht hat, wird er von allen Gesetzen der verschiedenen Ebenen beherrscht
und es wird ihm die reine und einfache Gerechtigkeit zuteil, ungemildert durch
Barmherzigkeit. Er unterliegt der Bestrafung für all seine Sünden — der unbedachten,
ungenannten und feinen. Ein Freund beim Gerichtshof kann in der Lage sein, das
lange und qualvolle Verfahren abzukürzen, aber vor dem Richterstuhl des Höchsten
ist der Meister-Heilige zur Zeit des Gerichts der einzig wahre Freund. Im Jap
Ji erklärt Guru Nanak:
Der Heilige ist der Höchste Erwählte und geachtet in
seinem Reich,
er ziert die Schwelle zu Gottes Tür und wird selbst von
Königen verehrt.
Und wiederum:
Der Satguru hat mir die Gabe der Einsicht verliehen,
und ich sehe all meine Zweifel beseitigt.
Der Engel des Todes kann mir kein Leid mehr bereiten,
da der Bericht über meine Taten ausgelöscht ist.
Der Pfad der Heiligen
fuhrt in eine ganz andere Richtung. Für die Initiierten gibt es keinen
Gerichtshof. Der Heilige ist überall gegenwärtig und sein Einfluß erstreckt
sich auf ungeahnte Bereiche. Niemals verläßt noch versäumt er seine Schüler,
bis an der Welt Ende. Er versichert uns feierlich:
Jedermann, ich will mit dir gehen und dein Führer sein;
in der größten Not will ich dir zur Seite stehen.
Aus
"Jedermann " von Hofmannsthal
Keiner ist mehr gebunden
als einer, der zu Unrecht glaubt, frei zu sein. Die Falle für den hochgeborenen
Geist ist der Ehrgeiz. Jene, die im weltlichen Sinn des Wortes reich sind,
scheinen bequem zu leben. Sie mögen in der Vergangenheit manche gute Saat
gesät haben und ernten in der Gegenwart offensichtlich eine reiche Ernte, oder
sie handeln nach dem Grundsatz: „Horten, raffen, an sich reißen" und bauen
sich für die Zukunft ein Hornissennest. All diese Menschen, die im Überfluß
leben, vergessen unglücklicherweise, daß sie in jedem Fall durch
"unsichtbare Fesseln aus Gold" gebunden sind und unwissentlich Leid
entgegengehen.
Ein bekanntes Sprichwort
sagt, daß die Paläste und Mauern der Mächtigen mit dem Schweiß und den Tränen
der Armen errichtet wurden. Wenn man in der Vergangenheit nicht Gutes gesät
hat, kann man in der lebendigen Gegenwart keine reiche Ernte einbringen. Es
kann auch sein, daß man unmerklich und für keinen sichtbar die Last einer
Schuld mit sich trägt. Wenn man nicht jetzt gute Saaten sät, wie kann man
erwarten, sich der augenscheinlich guten Früchte in der Zukunft zu erfreuen und
für wie lange?
Darüber hinaus können
einem gute Taten allein nicht von den Rückwirkungen schlechten Tuns befreien,
geradeso wie schmutziges Wasser nichts reinwaschen kann. Wie ein christlicher
Heiliger sagt, sind wir bei all unserer Rechtschaffenheit nichts als unreine
Knechte. Keiner ist rein, nein, auch nicht einer. Der Mensch unterliegt immer
dem Gesetz des Gebens und Nehmens oder der Belohnung und Bestrafung. Dem Weg
des guten Handelns zu folgen ist fraglos etwas Wünschenswertes und besser als
der Weg übler Taten, aber das ist nicht genug. Ein ethisches Leben kann einem
den Aufenthalt im Paradies für eine lange Zeit sichern, wo er sich in aller
Wonne der himmlischen Glückseligkeit erfreut, aber auch dort ist er noch im
astralen oder kausalen Körper gefangen und hat sich noch nicht vom Kreislauf
der Geburten und Tode befreit. Solange man sich als den Handelnden betrachtet,
kann man dem Rad der Geburten nicht entkommen und hat die Früchte seines
Handelns zu ertragen. Einzig die Verbindung mit dem Heiligen Geist, dem heiligen
Naam oder Wort hilft dem Menschen bei seinem Aufstieg zu den höheren
spirituellen Regionen, weit entfernt von den Geistern derer, die immer wieder
Geburt und Tod erleiden und sich in endlosem Kreislauf auf- und ab bewegen,
ohne einen Ausweg zu finden.
Hölle und Himmel sind die
Regionen, in denen die vom Körper getrennten Geister relativ lange Zeit,
entsprechend ihrer guten oder schlechten Taten, wie der Fall gerade liegt, zu
bleiben haben. Wie lange sie sich dort auch aufhalten müssen, es ist nicht für
immer und löst sie auch nicht aus dem unerbittlichen Kreislauf der Geburten und
Tode heraus. Das Paradies (Himmel oder Garten Eden) ist das El Dorado gewisser
Glaubensgemeinschaften. Von vielen wird es auch als Erlösung bezeichnet.
Das ändert nichts an der
Tatsache, daß man, nachdem man sich der Wohltaten des Paradieses für die Zeit
erfreut hat, die durch die guten Taten bestimmt wurde, wieder einen
menschlichen Körper erhält, denn er allein bietet einem die Gelegenheit, jene
Verdienste zu erwerben, die schließlich zu Befreiung führen. Selbst die Gott
dienenden Engel verlangen nach der menschlichen Geburt, wenn sie glauben, ihre
Aufgabe erfüllt zu haben. Wenn wir also dem allgemein anerkannten und für
richtig befundenen Pfad des guten Handelns folgen, an den die meisten von uns glauben,
findet man sich letztlich wiederum im Netz der unersättlichen Begierden und
des Ehrgeizes verstrickt; und mit diesem glitzernden und stets flüchtigen
Irrlicht vor Augen, bleibt der Mensch unwissentlich im stählernen Griff der
Karmas gefangen. Um sein Ziel zu erreichen, verrichtet er Tapas (verschiedene
Arten asketischer Härten und Bußübungen), die ihm zu einem besseren Leben
verhelfen sollen. Und wenn er dann die Herrschaft über ein Königreich gewinnt,
läßt er seinem Gemüt freien Lauf, setzt sich über alle Schranken hinweg und
vollbringt gewaltige Heldentaten großer Tapferkeit und Mutes, von denen die
meisten schlimm genug sind, ihn in die Hölle zu bringen. Nachdem er die bittere
Lektion der Höllenfeuer erfahren hat, in die er sich gestürzt hat, versucht er
wieder um in den Tapas Trost zu finden. So bleibt er immer gefangen und in den
unheilvollen Kreislauf der Versuchungen und Verlockungen verstrickt, der von
der Hölle zur Buße, von den Bußübungen zur Herrschaft und von dort wieder in
die Hölle führt — immer wieder aufs Neue in der Gestalt eines endlosen
Kreislaufs, der ihn auf dem Rad des Lebens aufwärts und abwärts trägt. So
schafft sich jeder selbst Himmel und Hölle und bleibt durch die eigenen üblen
Taten in dem feinmaschigen Netz des Lebens verstrickt, das er sich selbst
gewebt hat.
Wer dem Weg der Heiligen
folgt, dem mittleren Pfad, der genau zwischen den beiden Augenbrauen beginnt,
kommt mit den Regionen von Hölle und Paradies nicht in Berührung, denn er
umgeht den Pfad des Karma-Yogi. Selbst wenn eine Seele, die unter dem Schutz
eines Meister-Heiligen steht, für eine Weile in die Irre geht, ist ihre
Errettung dennoch gewiß. Obgleich die Heiligen lebende Beispiele der Demut sind
und nicht von der Befugnis sprechen, die ihnen übertragen wurde, weisen sie
doch zuzeiten indirekt auf die erlösende Kraft der Heiligen hin, die vor ihnen
lebten. Die Schriften zeigen auf, daß Sant Satguru Nanak einen Schüler
errettete, der sich auf einem Irrweg befand, der in die Hölle führte. Der
Heilige mußte um eines verlorenen Schafes willen die Höllenglut aufsuchen und
seinen Daumen in die flüssigen Höllenfeuer tauchen. Und er kühlte dadurch den
ganzen Schmelzofen der Hölle ab, was nicht nur einer, sondern einer Vielzahl
sündiger Seelen, die in großer Not mitleiderregend wehklagten, Linderung
verschaffte. Aus der Zeit Radscha Janakas und anderer werden uns ähnliche
Ereignisse berichtet. Auch mein Meister Hazoor mußte einmal einen Schüler dem
Verderben entreißen, der sich auf einem Irrweg nach unten befand. Wie kann es
dann für einen gewöhnlichen Menschen Erlösung von der Hölle geben?
Alle Mühen jener enden, die sich der Übung
des heiligen Wortes weih 'n;
und ihr Antlitz, o Nanak, wird voll Glanz erstrahlen,
und viele Seelen werden mit ihnen Erlösung finden!
Es gibt noch eine andere
Region, die von den Moslem-Heiligen Eraf (oder Fegfeuer) genannt wird und die
Freuden wie auch Schrecken in variierendem Ausmaß bereithält. Mehrere Meister
verschiedener Grade haben Erfahrungen mancher Arten von Ängsten und Höllenqualen
beschrieben. Das alles entspringt nicht einer einfallsreichen Phantasie,
sondern ist sehr ernst gemeint und des Nachdenkens wert. Und ob man es glaubt
oder nicht, der Schüler eines Heiligen wird von all dem nicht betroffen.
Solange er seinem Meister-Heiligen (Sant Satguru) treu ist, kann ihm keine
Macht der Welt auch nur ein einziges Haar auf dem Kopf krümmen. Ein wahrer
Schüler eines Sant Satguru sagt treffend:
Ich handle nur mit den Heiligen und habe allein mit
ihnen zu tun;
durch das Guthaben, daß sie mir gewährten, wurde ich von
aller Täuschung befreit, und der Todesengel kann mir nun kein Haar mehr
krümmen, da der ganze Bericht meiner Taten den Flammen übergeben worden ist.
Wiederum heißt es:
Der Engel des Todes ist in der Tat unüberwindlich,
und keiner kann ihn besiegen;
aber in der Gegenwart des Tonstromes des Meisters ist er
machtlos;
der bloße Klang seines Wortes
erfüllt ihn mit Schrecken und läßt ihn entflieh'n.
denn er fürchtet, der Herr der Heerscharen könnte ihn
selbst zu Tode treffen.
V
Es gibt nicht einen, von
dem man sagen könnte, er sei alleine geboren, denn wie könnte er getrennt von
anderen leben? Neben unserer Arbeit sollten wir auch den Bedürftigen, Kranken
und Hungernden dienen, was weit wirksamer ist als bloßes Predigen. Uneigennütziges
Dienen schürt und entfacht die Glut des Mitleids, der Güte und Liebe. Diese
Tugenden haben eine große läuternde Wirkung, machen den Menschen von allen
Unreinheiten frei und geben ihm ein Anrecht auf das höchste Wissen von Gott.
"Ohne Fleiß kein Preis", lautet ein bekanntes Sprichwort.
Ahimsa oder
Nichtverletzen heißt nicht nur, Töten, Gewalt und Unrecht zu meiden, sondern
schließt auch üble Gedanken und böse Worte mit ein. Wenn es auch für Bestien
oder wilde Tiere nicht gelten mag, so erfüllt Ahimsa den Menschen mit einer
Stärke, die nicht nur viele Tugenden übertrifft, sondern die höchste und
überragendste aller Tugenden bildet. Die Hilfe, die einem aufrichtigen Sucher
auf dem Pfad zu Gott zuteil wird, ist von weit größerem Wert als jeder andere
Dienst. Anderen zu helfen bedeutet natürlich auch, an die wirklich Armen und
Bedürftigen Almosen zu verteilen, jenen Gutes zu tun, die an unzugänglichen
Stellen außergewöhnlich schwere Arbeit leisten, Kranke zu pflegen und den
Notleidenden beizustehen. All diese Tugenden sind eine große Hilfe auf dem
Pfad und sollten durch unermüdliche Ausübung gefördert und entwickelt werden.
Aber man darf sich damit allein nicht zufrieden geben, sondern muß sich
bemühen, mit der Hilfe dieses Reinigungsprozesses auf dem Weg zur Freiheit
voranzuschreiten, wie es uns der Meister zur Pflicht gemacht hat.
Liebe ist das
Allheilmittel für die meisten Übel der Welt. Sie bildet den Kern aller anderen
Tugenden. Wo Liebe ist, da herrscht Friede. Liebe, und alle Segnungen werden
dir zuteil, lautet der zentrale Gedanke der Lehren Christi. Das ganze Gebäude
des Christentums fußt auf den beiden untrennbaren Grundsätzen: „Du sollst Gott,
deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner
Kraft", und „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst." Gott ist Liebe
und so auch die menschliche Seele, da sie ein Funken desselben Geistes ist.
Johannes sagt: „Wer nicht liebt, kennt Gott nicht, denn Gott ist Liebe",
und „wer Gott liebt, der liebt auch seine Brüder". Guru Gobind Singh
betonte mit gleichem Nachdruck die grundlegende Notwendigkeit der Liebe:
„Wahrlich, ich sage euch: Gott offenbart sich nur jenen, die lieben." Ein
Moslem-Heiliger sagt:
Gott erschuf den Menschen als eine Verkörperung der
Liebe;
zu seiner Verherrlichung hätten seine Engel völlig
genügt.
Zur Krönung all dieser
Tugenden gehören noch Wahrhaftigkeit und ein gutes Leben. (Siehe Anhang I.) Vor
allem sollte man zu sich selbst ehrlich sein. Die meisten von uns leiden unter
dem Übel, daß unsere Gedanken, Worte und Handlungen nicht im Einklang stehen.
Wir denken etwas ganz anderes, als unsere Zunge sagt, während unsere Hände
wiederum etwas anderes tun. "Sei dir selbst treu, und es folgt wie die
Nacht dem Tage, du kannst nicht falsch sein gegen irgendwen."
(Shakespeare) Ihr lebt in diesem Körper, und Gott, die beherrschende Kraft,
wohnt auch in ihm. Wenn ihr zu euch selbst wahr seid, habt ihr keinen zu
fürchten. Wenn ihr jemanden täuschen wollt, müßt ihr zuerst euch selbst
betrügen. "Rama kann Rama nicht betrügen", waren die Worte von Swami
Ram Tirath, als ihn jemand vor den trügerischen Wegen der Welt warnen wollte.
Wahrhaftigkeit ist die größte aller Tugenden, doch eine wahre Lebensweise ist
etwas noch Größeres.
Wir müssen versuchen, in
diesem Tempel des Heiligen Geistes ein reines und sauberes Leben zu fuhren und
dürfen ihn nicht durch Unwahrheit und Begierden des Fleisches beschmutzen und
so in eine Wechselstube des Teufels verwandeln. Es wird allgemein geglaubt, daß
Wohlstand die Quelle des Friedens ist, doch er täuscht die Toren wie ein
Irrlicht und bringt die Reichen in Gefahr. Er läßt dem Gemüt die Zügel
schießen; und wenn es einmal vom rechten Weg abgewichen ist, nimmt es sorglos
Sünden auf sich, die schreckliche Folgen nach sich ziehen. Sein "Selbst"
mit Gedanken, Worten und Taten völlig dem Schmutz weltlicher Unreinheit
hinzugeben ist eine abscheuliche Sünde, und ihr Sold ist der Tod. Die Wege, die
zu weltlichem Reichtum und die, die zu Gott führen, liegen weit auseinander.
Wir können nur einen von ihnen beschreiten, und wir müssen uns entscheiden. Das
Gemüt ist ein ungeteiltes Ganzes, das den Körper einerseits mit der Seele und
andererseits mit der Welt und dem weltlichen Reichtum verbindet. So muß man
zwangsläufig zwischen diesen beiden Möglichkeiten, die sich gegenseitig
ausschließen, wählen. Wenn die Entscheidung einmal gefallen ist, muß man sich
notgedrungen unaufhörlich darum bemühen, das Ziel zu erreichen, welches es auch
sei. Doch Wohlstand an sich ist kein Hindernis auf dem Weg der "Spiritualität",
da sie das gemeinsame Erbe aller ist, der Reichen und der Armen gleicherweise,
und keiner kann sie als besondere Gabe für sich beanspruchen.
Alles, was man braucht,
um den Pfad erfolgreich zu beschreiten, ist wirkliches Verlangen, ehrliche
Absicht, ein reines Leben und zielbewußte Hingabe an die Sache. Ein Reicher
muß natürlich darauf achten, daß er kein Unrecht begeht, um seinen Reichtum zu
vermehren, und daß er sein ehrlich verdientes Vermögen für einen guten Zweck
verwendet und nicht für kurzlebige Dinge verschwendet. Er wird seinen Reichtum
immer als ein heiliges, von Gott anvertrautes Gut betrachten, das er bekam, um
den Armen und Bedürftigen, den Hungernden und Durstenden, den Kranken und
Leidenden zu helfen; denn als Menschen und Kinder desselben Vaters haben sie
alle ein Recht auf seinen Beistand. Das war der Rat des Weisen Ashtavakra an
Radscha Janaka, als er ihm nach der Gewährung einer wirklichen Erfahrung der
Wissenschaft der Seele sein Königreich zurückgab, das der König vor der
Einweihung (Initiation) in den heiligen Pfad tatsächlicher spiritueller
Erfahrung seinem Meister-Lehrer übergeben hatte. Er (der Rishi oder Gottmensch)
riet ihm, sein Königreich als Geschenk zu betrachten und seine Macht zur Verbesserung
der Lebensbedingungen des Volkes und Landes, das Gott seiner Obhut anvertraut
hatte, zu gebrauchen. Wenn auf rechte Weise erworbener Reichtum nicht gut und
weise genutzt wird, gerät man leicht auf Abwege, wird selbstsüchtig und zum
Sklaven des unrechtmäßig erworbenen Reichtums und verfängt sich unmerklich in
goldenen Ketten, die einem in Knechtschaft halten. Um uns davor zu warnen,
ermahnte uns Christus mit unzweideutigen Worten, "daß es für ein Kamel
leichter ist, durch ein Nadelöhr zu gehen, als für einen Reichen, das Reich
Gottes zu betreten". Der Nobelpreisträger T. S. Eliot sagte: „Denkt nicht
an die Ernte, sondern einzig an die rechte Saat."
Somit ist die Aussaat von
vorrangiger Bedeutung, denn die Güte der Ernte hängt von der Qualität der
gesäten Saat ab. Danach kommt die rechte Aufzucht, der Prozeß der
Menschwerdung, der gewöhnlich lange Zeit erfordert und sich über mehrere
Verkörperungen erstreckt, wie es der durch die Vergangenheit bestimmten
mentalen Beschaffenheit des einzelnen entspricht. Aber mit der rechten Art von
unerschütterlicher Hingabe und der Gnade der Meisterkraft kann man diesen sonst
sehr schwierigen und gewundenen Pfad leicht durchschreiten. "Doch ein
vollendeter Meister, der mit den Krümmungen und Wendungen des Weges
wohlvertraut ist", sagt Kabir, "kann den Schüler im Nu
hindurchgeleiten." Eine Pilgerseele, die einen kompetenten Führer hat und
sich ernsthaft bemüht, kann leicht über das Meer der Welt schwimmen, auch wenn
sie mitten im weltlichen Leben steht. Jene, die nicht täglich Bhajan und Simran
Zeit widmen, befinden sich immer in Schwierigkeiten. Sie treiben in einem
endlosen Strom lustbringender Freuden dahin. Die Übung von Vairagya (Loslösung
von der Welt) durch rechte Unterscheidung hilft beim Vorgang der
Selbstreinigung, und nach und nach wird der Schüler befähigt, den Upas-Baum der
unzähligen Wünsche zu fällen, indem er erst die Zweige abschneidet und dann auf
den Stamm einschlägt.
Keiner ist ohne Fehler.
Der Mensch ist ein Kind des Irrtums; und der Irrtum ist stets sein Bekenntnis. Obwohl
es menschlich ist, in Sünde zu fallen, ist es doch schändlich, in ihr zu
verbleiben. Es bringt keinen Gewinn, schlechte Ware zu horten. Es ist gut, in
einem Tempel geboren zu werden, aber in ihm zu sterben ist Sünde, denn wir
müssen uns nach und nach über all die Formen und Förmlichkeiten der
Kindergarten-Stufe erheben, die alle Religionsgemeinschaften bieten, und in den
Sonnenschein der Spiritualität hineinwachsen. Wenn wir unsere Zukunft in etwas
Göttliches gestalten und zur Wirklichkeit des Jenseits erwachen wollen, müssen
wir den Pfad erforschen. Wer nicht an die Zukunft denkt, wird bald die
Gegenwart bereuen. Die Sünden und Sorgen sind unsere ständigen Begleiter und
folgen einander Hand in Hand. Die kleinen Schwächen fuhren allmählich zu den größeren;
doch solche, die man sich eingesteht, hat man bereits halb überwunden.
Aufrichtige Reue, der gute Taten folgen, hilft in großem Maß, Leid zu mildern.
Der Mensch würde wenig für Gott tun, wenn der Teufel tot wäre. Wer unter dem
Schatten eines drohenden Unheils lebt, der lebt am besten, denn er bemüht
sich aufs äußerste. Es ist recht leicht, andere zu kritisieren, aber sich
selbst zu ändern ist furchtbar schwer, denn wir sehen den Balken im eigenen
Auge nicht. Gottesfurcht ist der Anfang der Weisheit; und einer Gefahr, die man
vorhersieht, ist man bereits halb entgangen. Wer gewarnt ist, der ist
gewappnet. Menschen, die an die physische Ebene gebunden sind, müssen die
Gebote eines "befreiten" Meister-Heiligen befolgen, wenn sie sich
selbst aus der Täuschung von Gemüt und Materie befreien wollen. Legt die Last
all eurer Verantwortlichkeiten zu den Füßen eures spirituellen Meisters nieder,
und der tödliche Griff der Sünden wird langsam aber sicher seine Macht über
euch verlieren. „Verlasset alles und folget mir nach", lautete die
Ermahnung Lord Krishnas. „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen
seid, ich will euch erquicken", sagte Christus. Der ergebene Schüler
empfindet wirklich, daß ihm selbst das Krankenzimmer zum Tempel der Hingabe wird.
Ein Meister, der in der Ausübung des Heiligen Wortes wohlbewandt und in der
Lage ist, andere darin zu unterweisen, zu initiieren, ist der wahre Meister und
ein Vollendeter Führer (Murshid-i-Kamil). Wie ein fähiger und tüchtiger
Verwalter vermag er all unsere Taten und Rechnungen zu begleichen, indem er uns
gleich Jesus anrät: „Sündiget nicht mehr!" Und Hazoor Sawan Singh Ji
handelte ähnlich, wenn ein Schüler bei einer öffentlichen Versammlung einen
Fehler bekannte und um Nachsicht flehte. Sanft hob er seine rechte Hand und
sagte: „Bis hierher und nicht weiter!"
Sollen wir denn nichts
tun? Wie kann das sein? Die Antwort ist einfach. Solange ihn das Gemüt
beherrscht, kann ein Mensch nur handeln, und auch wenn er seine Taten gemäß
den Weisungen des Meisters einschränkt und gleichzeitig höchste Tugenden
entwickelt, bleibt ihm keine andere Wahl, als zu handeln. Durch Nichtstun lernt
man nach und nach, Schlechtes zu tun, und erschließt wie Pandora das Übel, das
in einem verborgen liegt. Wenn man wünscht, auf Rosen gebettet zu sein, muß man
sich erst mühen, sie zu züchten und zu pflegen. Doch unser Handeln bleibt stets
dem Zufall überlassen und ist auf selbstsüchtige Ziele gerichtet. Wir wissen
nicht, was wir tun, noch was wir lassen sollen. Der Meister-Heilige ist der
Göttliche Gebieter seiner Zeit. Durch seine Liebe und Führung, Unterweisung
und Beispiel leitet er die Menschen zu Taten der Hingabe und Verehrung und
entfaltet in ihnen Liebe für die Göttlichen Bindeglieder (Naam oder das Wort,
die innere Stimme Gottes, Kalma oder Kalam-i-Quadim, Akashbani oder
Bang-i-Asmani), die er in ihnen offenbart.
Man wird einen Meister
nicht seiner Wohnstatt wegen achten, vielmehr die Wohnstatt seinetwillen. Denn
der Heilige ist es, der unserer höchsten Achtung, Liebe und aller Verehrung
würdig ist. Er gewährt uns die Verbindung mit dem Göttlichen und ein Erlebnis
momentanen Vergessens unseres körperlichen Selbst, wodurch wir einen deutlichen
Blick auf die göttlichen Bindeglieder in uns erlangen; und dann wird uns stufenweise
mehr und mehr der mystischen Erfahrung zuteil. In seinen Satsangs oder
spirituellen Vorträgen wird vielen Sünden der Vergangenheit kurzer Prozeß
gemacht. Durch seine Gemeinschaft, sei es in Gedanken, durch Briefwechsel oder
in der Meditation, wird uns große Hilfe hinsichtlich der Karmas und sündhafter
Beziehungen zuteil. Wenn auch die Sünden des Menschen endlos sind, nimmt doch
zur gleichen Zeit auch die grenzenlose Gnade Gottes, die seiner unermeßlichen
Schatzkammer entströmt, kein Ende. Wo wir uns auf dieser Lebensreise auch immer
befinden mögen, an welchem Ort, in welcher Religion, in welchem Land oder in
welcher Gemeinschaft, unser wichtigstes Gepäck und Gut ist Naam (das heilige
Wort), die Verbindung mit dem lebendigen "Rettungsanker" im Inneren:
dem Licht und der Stimme Gottes. Die verschiedenen Namen Gottes dagegen, die
wir gewöhnlich kennen und so oft wiederholen, sind bloße Worte, die wir selbst
erfunden haben, um die namenlose Wirklichkeit zu benennen, die ein unteilbares
Ganzes, unaussprechlich und unbeschreibbar ist. Der Sant Satguru oder
Meister-Heilige ist der Heilige Vater, der von weither und zum Nutzen aller
kommt, ganz gleich ob Sünder oder tugendhaft; denn beide sind genauso in den
Fesseln der Welt gefangen, ob diese nun aus Gold oder Eisen sind. Er liebt
alle, und diese Liebe läßt ihn vergeben. Fürchtet niemals, euch ihm zu nähern,
bloß weil ihr Sünder seid. Er würde es nicht zulassen, daß eines seiner Kinder
zur Strafe in eine Besserungsanstalt oder in ein Gefängnis käme oder es gar
selbst dorthin senden, noch es einer Folterung unterwerfen. Ein liebender und
gütiger Vater würde das niemals tun. Der Meister wird das irrende Kind eher
selbst zurechtweisen oder ihm etwas körperliches Leid auferlegen, um es zu
berichtigen, und wird doch, wenn auch unsichtbar, stets bei ihm bleiben, um es
von innen zu stützen, bis die kurze Zeit des Schmerzes vorüber ist. Er handelt
genau wie ein Meister-Töpfer, der das Gefäß auf der Drehscheibe vorsichtig mit
einem Schlegel bearbeitet, um ihm die rechte Form zu geben, während er die
andere Hand von innen dagegenhält, damit es nicht zerbricht. Die Liebe des
Meisters ist grenzenlos. Das Reich eines Darvesh ist eines der Gnade.
Es ist die Pflicht des
Gefängnisvorstehers, die Gefangenen eingesperrt zu halten, sie zu züchtigen
und zu bessern. Gleicherweise war es immer das Ziel der Gottheiten und
göttlichen Verkörperungen (Avatare), die Menschen an sich gebunden zu halten,
indem sie sie mit den Gaben verschiedener Ridhis und Sidhis überschütteten.
(Das bezieht sich auf die Gewährung von Gaben, Vergünstigungen und
Gnadenerweisen wie Reichtum, Erleichterung und Hilfe bei der Erfüllung
weltlicher Pflichten und die Verleihung übermenschlicher Kräfte, die sich zum
Guten oder Bösen gebrauchen lassen.) Doch sie können ihren Ergebenen diese
begrenzten Erleichterungen und Hilfen nur bis zu jener Stufe gewähren, die sie
selbst erreicht haben und ihnen darüber hinaus in den Regionen, die sie
beherrschen, jederzeit einen Aufenthalt in ihrer Nähe gewähren. Aber sie
können uns nicht helfen, die Einswerdung mit dem Allmächtigen zu erreichen, da
diese untergeordneten Kräfte dieses höchsten Vorrechts selbst beraubt sind.
Die oben erwähnten Sidhis
oder außergewöhnlichen Fähigkeiten sind Yoga-Kräfte, die dem Wahrheitssucher
nach ein wenig Sadhan (Übung) von allein zufallen; doch auf dem Weg zur
Gottverwirklichung stellen sie entschiedene Hindernisse dar, da wir gemeinhin
versucht sind, dem Verlangen nach Wundertaten wie Gedankenlesen, Wahrsagen,
Hellsehen, die Kraft, Materie zu durchdringen und Wünsche zu erfüllen,
geistiges Heilen, Hypnose, Magnetismus und ähnlichem nachzugeben. Es gibt acht
Arten dieser Sidhis:
Anima:
äußeren Augen unsichtbar zu werden
Mahima: den
Körper in jedem Maße auszudehnen
Garima: den
Körper so schwer zu machen, wie man will
Laghima: den
Körper beliebig leicht zu machen
Prapti:
alles durch den bloßen Wunsch zu erlangen
Ishtwa:
allen Ruhm für sich zu gewinnen
Prakayma: das
Vermögen, die Wünsche anderer zu erfüllen
Vashitwa:
Erringen von Einfluß und Macht über andere.
Doch ein wirklicher
Mahatma, der Zugang zum höchsten Bereich hat, vergibt und befreit und gewährt
uns in diesem Leben Zutritt zum Reich Gottes, vorausgesetzt natürlich, man ist
völlig entschlossen, sich ihm hinzugeben und seine Gebote mit liebevollem und
aufrichtigem Herzen zu befolgen. (Siehe Anhang II). Aber für jene, die gewohnt
sind, dem Diktat ihres eigenen Gemüts Folge zu leisten, ist das eine eher
schwierige Aufgabe. Es entspricht der schwankenden Natur des unkultivierten
und unbeherrschten Gemüts, etwas einmal anzunehmen und ein anderes Mal wieder
dagegen aufzubegehren. Heilige wie Maulana Rumi gehen sogar soweit, zu sagen:
Komm', komm' wieder und immer wieder,
selbst wenn du die Treue tausendmal gebrochen hast,
denn in der erlösenden Gnade eines Meister-Heiligen
gibt es stets einen Platz für dich.
Wenn ihr einmal des
Meisters Eigen geworden seid, wird er euch niemals aufgeben, auch wenn ihr in
einem Moment der Versuchung und Prüfung der Schwäche nachgebt und ihn verlaßt
oder vom Pfad abirrt. Die Christus-Kraft hat erklärt: „Ich will dich nicht
verlassen noch versäumen bis an der Welt Ende." Er hat sein eigenes Gesetz
der Liebe und Barmherzigkeit, um sich jeden Augenblick um jeden einzelnen zu
sorgen, auch wenn sich einer den Weg der Selbstdisziplin verlängert, indem er
die Liebe des Meisters verschmäht. Die Quelle allen Friedens und allen Glücks
liegt über dem physischen Körper und im Innern des Menschen. Wer keinen inneren
Frieden hat, sollte dem Selbst, dem Gemüt und der Seele die rechte Nahrung
angedeihen lassen. Das Wort oder Naam ist der wahre "Tröster", der
Friedensbringer und Gewährer von Ruhe und Erlösung. Die allgemeine Bedeutung
des Wortes Erlösung, die uns das Wörterbuch gibt, sollte nicht als bloße
Befreiung von den Sünden verstanden werden. Es bedeutet Freiwerdung vom Zyklus
der Geburten und Tode und Einswerdung des Geistes mit dem Herrn und geistiges
Leben in Ewigkeit.
Der gewöhnliche Mensch
macht sich nicht viel aus der Erlösung, und das gilt auch für viele geistige
Bewegungen. Die Gründer der verschiedenen Religions-gemeinschaften haben ihre
spirituellen Erfahrungen der inneren Bereiche offenbart, zu denen sie Zutritt
hatten, und sie als das höchste oder letzte Ziel der Erlösung und als ewiges
Leben beschrieben. Der Meister-Heilige ist ein Besucher all dieser himmlischen
Regionen und beschreibt seine Stellung manchmal in Form von Gleichnissen. Er
erklärt mit unzweideutigen Worten: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir
nachfolget, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht
des Lebens haben." Die Heiligen treten demnach für die ewige Erlösung in
unserem gegenwärtigen Leben und nicht nach dem Tode ein, denn wer weiß, was
dann geschieht. Die Erlösung nach dem Tode mag sich letztlich als bloße
Täuschung erweisen; und es ist nicht gut, das Leben in einem fortwährenden und
nicht endenwollenden Zustand der Ungewißheit zu verbringen. Wäre der Tod ihre
Vorbedingung, bliebe die Erlösung nichts als ein Phantasiegebilde. Ein
wirklicher Heiliger befreit die Seele jetzt in diesem Leben von aller Gebundenheit
an Geburt und Tod. Er vertraut auf den "Tod im Leben" oder die
Befreiung während des Lebens, was in der Sprache des Yoga Jivan-Mukti genannt wird. Die Seele kann sich also mit dem Unaussprechlichen
Einen verbinden, während sie noch im Körper lebt; und zum Zeitpunkt des
endgültigen Lösens der inneren Bindung an den Körper wird sie schließlich im
Allmächtigen aufgehen. Gemeinhin wird geglaubt, daß wir nach dem physischen
Tode die Erlösung erlangen. Der Begriff "Tod" schließt jedoch das
zeitweilige und willentliche Zurückziehen der Geistesströme vom physischen
Körper mit ein und bedeutet nicht nur endgültige Auflösung und Zerfall des
physischen Körpers in seine einzelnen Bestandteile, wie man gewöhnlich annimmt.
Es widerspricht der Vernunft, zu glauben, daß ein Mensch, der während seines
Lebens nur an weltliche Dinge gedacht hat, nach dem Tode augenblicklich zur
befreiten Seele wird. Die ethisch geschulten, spirituell Ergebenen erlangen
die Erlösung noch während des Lebens und besiegen somit im Leben den Tod, den
letzten Feind der Menschheit. "Ich lebe, aber doch nun nicht ich, sondern
Christus lebet in mir", erklärte Paulus. Und mein Meister sagte stets: „Ein
Pandit im Leben bleibt auch nach dem Tode ein Pandit."
Karmas aufzulösen und die
Seele von all ihren Fesseln zu befreien, liegt nicht im Aufgabenbereich
irgendeines Politikers, Diplomaten, Staatsmannes oder Ministers oder gar einer
Regierung. Selbst die Avatare (Inkarnationen der höheren Kraft) sind in dieser
Hinsicht hilflos. Auch die Götter und Göttinnen, die die niedrigeren Kräfte des
Höchsten Wesens verkörpern, müssen, wie bereits erwähnt, auf die menschliche
Geburt warten, bevor sie zum Höchsten gelangen können. Jene, die nicht in die
"Wissenschaft des Jenseits" initiiert sind, können in Bezug auf das
Schicksal oder Pralabha nur wenig Hilfe erfahren und müssen es in voller
Stärke und ohne jede Milderung ertragen. Auch die Früchte des Kriyaman-Karmas
oder der Taten, die sie unter dem Gebot des Gemüts in diesem Leben bewirkten,
werden sie ohne jede Wahl in vollem Maße zu ernten haben. Das ist ein strenges
und unerbittliches Gesetz, ob man es glaubt oder nicht. Das karmische Gesetz
macht keine Ausnahme; es wirkt unerbittlich und zermalmt uns alle gleicherweise
in der Tretmühle der Zeit.
Unsere Handlungen, ob gut oder schlecht,
werden vor sein Gericht gebracht;
und unsere eigenen Taten werden uns
aufwärts tragen oder in die Tiefe schleudern.
Jene, die sich mit dem Wort verbanden,
deren Mühen werden enden;
und ihr Antlitz wird voll Glück erstrahlen,
nicht nur sie werden die Erlösung erlangen,
o Nanak, sondern viele andere werden
mit ihnen die Freiheit finden!
Es ist demnach von
höchster Bedeutung, nach einem Meister zu suchen, der fähig ist, den sonst
endlosen Kreislauf der Karmas zu durchbrechen, zu seinen Lotosfüßen Zuflucht zu
nehmen und uns vom übermächtigen Einfluß der eigenen Taten zu befreien.
Anhang
I
Die wahre Lebensweise
Für die Entwicklung von
Körper und Geist ist es von höchster Bedeutung, wie wir unser irdisches Leben
gestalten. Folglich müssen wir uns bemühen, unser Leben zu vereinfachen, und
lernen, ein wahrhaftiges Leben zu führen. Von der rechten Lebensweise hängt
alles andere ab, auch die Suche nach dem Selbst und dem Überselbst. Die
Bedeutung eines wahren Lebens kann nicht nachdrücklich genug betont werden. Es
heißt ganz treffend:
Die Wahrheit ist höher als alles andere,
aber ein wahres Leben ist noch etwas Höheres.
Einfaches Leben und edles
Denken waren stets die Ideale unserer Vorfahren, und sie strebten immer danach.
Aber in der heutigen Zeit verwenden wir kaum einen Gedanken auf sie, obwohl wir
uns manchmal zu ihnen bekennen und ihnen ein Lippenbekenntnis erweisen. Wenn
es auch schwer scheinen mag, diese höchste Lebensweise zu verwirklichen, ist
es doch der Mühe wert, zu sehen, was sie umschließt, welche Mittel und Wege uns
helfen, sie anzunehmen und uns zu eigen zu machen. Bei allem, was wir tun,
setzen wir uns immer ein Ziel, untersuchen die damit verbundenen Gesetzmäßigkeiten,
erforschen die Methoden, die uns zu dem ersehnten Ziel führen und unterziehen
uns schließlich einer regelmäßigen Prüfung, einer gründlichen Untersuchung, um
zu erkennen, wie weit wir dem Ziel sichtbar nähergekommen sind. Um das zu erreichen,
müssen wir natürlich unsere ungeteilte Aufmerksamkeit einsetzen und uns jeden
Tag von Neuem aufrichtig bemühen, bevor wir in unserem Leben und Verhalten
gegenüber uns selbst und den Menschen um uns herum einen merklichen Fortschritt
verzeichnen können.
Das leitet natürlich zu
der Frage, woraus denn das menschliche Leben besteht. Der betagte Mensch, der
im Leben schon viel erfahren und von dem, was er von der Welt gesehen und erlebt
hat, mehr als genug hat, wendet sich der Analyse seines Lebens zu. Besteht das
Leben wirklich nur aus Essen, Trinken, Schlafen und Kinder in die Welt setzen;
aus Furcht, Ärger und Kampf; Raffen, Horten und Hassen; darin, daß man sich
jene unterwirft und gefangennimmt, die einem körperlich oder geistig unterlegen
sind, und wieder andere tötet und sich ihren Besitz aneignet? Müssen wir denn
unsere Tage über der Freude an unrecht erworbenen irdischen Gütern verbringen,
mit dem einzigen Erfolg, daß uns am Ende ein erbärmlicher Tod bevorsteht, der
uns selbst mit Schmerz erfüllt und auch jene, die uns lieb und nahe sind, die
dabei stehen und trauern, voll Kummer zurückläßt? Und was ist mit all dem, was
uns auf der Erde so gefesselt hat: Land, Häuser, Geld, Tiere und den anderen
zahllosen Besitztümern, die wir notgedrungen und ganz gegen unseren Willen
zurücklassen müssen? Sollte angesichts dieser rauhen Wirklichkeit des Seins,
die wir ständig erleben, das Anhäufen weltlichen Reichtums wirklich unser einziges
Ziel sein — das Einundalles unserer Existenz — oder sollten wir nach etwas
Höherem und Edlerem streben, das beständig und dauerhaft ist und hier wie auch
im Jenseits bei uns bleibt? Die Antwort ist einfach: unser höchstes Ziel sollte
sein, jene eine Allmächtige Kraft zu erkennen, die der Urgrund und die Quelle
allen Lebens ist, den Hort unseres Glücks und ewigen Friedens bildet und die
auch den Weg zu unserer Befreiung aus der furchtbaren Gebundenheit an
Geburten, Tode und Karmas bildet, denn
sie ist das einzige, daß unseres Verlangens und Strebens wert ist, denn sie
stellt das "summum bonum", das höchste Gut des Lebens dar. Das
höchste Ziel, das soeben umfassend beschrieben wurde, kann man nicht einfach
durch Bitten oder bloßes Wunschdenken erreichen.
Um dieses höchste Ziel zu
verwirklichen, müssen wir uns erst auf die Suche begeben und einen finden, der
uns helfen kann, diesen Weg auch tatsächlich zu gehen. Einen, der ans Ziel
gelangt ist und das Reich Gottes selbst betreten hat und uns helfen kann, das
gleiche zu tun. Wie Licht von Licht kommt, so Leben von Leben. Er wird uns
beständig an unsere längst vergessene Heimat erinnern, den Garten Eden, der uns
nun verloren ist; und uns dann die Schwächen und Versäumnisse unseres täglichen
Lebens aufzeigen und uns schließlich helfen, anstelle unseres oberflächlichen
und sinnlosen gegenwärtigen Daseins ein wirklich reines Leben höchster
Tätigkeit zu führen. Diese Welt ist ein Haus voller Rauch und Ruß, und selbst
wenn man all seine fünf Sinne zusammennimmt, kann man kaum vermeiden, sich hin
und wieder zu beschmutzen, wenn man sich auch noch so bemüht, es zu vermeiden.
Diese zahllosen Schmutzstellen und Flecken sind tief in die Grundform unseres
Seins eingedrungen und können nicht mit unseren eigenen, ungelenken, unbeholfenen
Versuchen wieder ausgewaschen werden. Jeder Mensch wird durch die Antriebskraft
seiner Natur gezwungen, seine Rolle auf der Bühne des Lebens zu spielen und
sich an sinnlosen Handlungen zu beteiligen, die nirgendwohin führen, wenn uns
nicht die helfende Hand einer Meisterseele beisteht und unser Schiff unversehrt
durch die Sandbänke und Untiefen steuert. Der Heilige ist solch ein göttlicher
Helfer, ob man ihn nun Guru (Fackelträger), Lehrer, Satguru (gottgesandter
Heiliger, eins mit der Wahrheit), Murshid-i-Kamil (vollendeter Meister), oder
Hadi (Führer) nennt oder ihn als Bruder, Freund, Ratgeber oder mit einem
anderen Namen unserer Wahl bezeichnet.
Eine weitere Analyse würde uns zeigen, daß
das menschliche Leben in der Hauptsache von zwei wesentlichen Dingen bestimmt
wird: von Ahar (der Nahrung) und Vihar (dem Verhalten zu den Mitmenschen und
anderen Geschöpfen), die das ganze Leben eines jeden Menschen umfassen und
prägen. In diesen beiden Lebensbereichen handeln wir entweder nach der
Überlieferung oder wie es uns die begrenzten Informationen aus Büchern oder
vom Hörensagen ermöglichen. Und sie formen die Grundlage, die wiederum unsere
Auffassung von Kultur und Zivilisation bestimmt, die sich in uns verwurzelt
und Gemüt und Verstand beherrscht.
Es gibt kaum eine vernünftige Schulung, die
dem Menschen in allen Lebensbereichen, ob physisch, geistig oder spirituell,
die rechte Führung zu geben vermag. Um diesem ungeordneten Zustand zu entfliehen,
müssen wir das Thema eingehend erörtern und unser Dasein in seine
grundlegenden Elemente zergliedern. Es bedarf schon einer gründlichen Analyse,
bis wir das Leben in seinem dreifältigen Aspekt, dem physischen,
verstandesmäßigen und spirituellen, gestalten können.
Ahar oder Ernährung
Die Ernährung spielt
natürlich eine große Rolle bei der Lösung der Frage des Lebens. Wir brauchen
Nahrung, um unseren physischen Körper zu erhalten. Die Natur zwingt uns, so
lange in der Welt zu bleiben, wie es durch die vom Schicksal festgelegte Lebenszeit
bestimmt wird oder bis sich unsere Karmas ausgewirkt haben. Wir müssen uns von
irgend etwas ernähren, um unsere bloße Existenz zu sichern. In dieser Hinsicht
ist der Mensch ziemlich hilflos. Das Gesetz des Karma ist das unsichtbare
Mittel der Natur, um die Welt in ihrem eisernen Griff zu halten, damit sie
bevölkert bleibt und weiterbesteht. Daher ist es von größter Wichtigkeit, sich
vor der Annahme gedankenloser, achtloser und unkritischer Eßgewohnheiten zu
hüten. Da wir nicht ohne Nahrung leben können, müssen wir zumindest solche
Nahrungsmittel auswählen, die unsere geistige Entwicklung am wenigsten
beeinträchtigen. Unsere Nahrung sollte uns nicht unnötige karmische Schuld
aufbürden, die wir mit ein wenig Sorgfalt vermeiden können.
Wenden wir uns nun mit
diesem Ziel vor Augen der Betrachtung dieses Naturbereichs zu. Die Nahrung des
Menschen entstammt im wesentlichen der Erde; durch Wasser und Luft wächst sie
im Boden heran. Wir sehen auch, daß alles von Leben erfüllt ist, ob es bewegt
oder unbewegt ist. Die sich bewegenden Geschöpfe leben sowohl voneinander wie
auch von der sich nicht bewegenden Schöpfung, das heißt von Gemüse, Pflanzen,
Sträuchern, Kräutern, Bäumen und dergleichen. Der Mensch jedoch freundet sich
mit den Geschöpfen an und liebt sie (Vögel und Tiere), die sich von anderen
Lebewesen erhalten, und macht sie zu seinen Haustieren. Die Alten wußten wohl,
daß Menschen, Vögel und Tiere alle in den gleichen karmischen Fesseln gebunden
sind. Mit dem Gedanken einer allgemeinen Bruderschaft vor Augen haben die
Menschen für sich und ihre Haustiere stets schwer gearbeitet. Sie bestellten
das Land, bauten Früchte an und erzeugten Nahrung für sich und ihre
gefiederten Freunde, für ihre Ochsen und Kühe. Aber im Lauf der Zeit wurden sie
bequem, was dazu führte, daß sie den Tieren zuerst die Milch raubten und dann
auch noch ihr Fleisch verzehrten.
Den ethischen, sozialen
und spirituellen Gesetzen gemäß, darf man nicht in das Leben irgendeines Tieres
in Gottes Schöpfung eingreifen oder es beeinträchtigen. Diese Lebensweise wird
in Indien Ahimsa oder Nichtverletzen aller lebenden Geschöpfe genannt. Dies
führte zur vegetarischen Ernährung, die der nichtvegetarischen Ernährung
gegenübersteht und sich wesentlich von ihr unterscheidet. Wenn wir die natürlichen
und unnatürlichen Ernährungsformen gründlich überdenken, gelangen wir zu einem
besseren Verständnis der Frage der Gunas
oder der angeborenen Neigungen, natürlichen Anlagen und verborgenen
Bestrebungen, die allen empfindenden Wesen innewohnen. Man muß die Nahrung in
Samen, Getreide, Gemüse und Früchte einteilen, die man als Satvik oder Sato-guni, das heißt als
reine Nahrung bezeichnet, die Gelassenheit, Heiterkeit und Gleichmut
hervorbringt, wie sie die Weisen und Seher kennzeichnet. Die Heiligen und
Einsiedler, die sich zur Meditation in einsame Höhlen und Hütten zurückzogen,
bevorzugten stets Kand (Kartoffeln), süße Kartoffeln, Zamikund oder
Artischocken usw., die unter der Erde wachsen und gedeihen. Sie nahmen auch Mool und Phal zu sich: das eine sind eßbare Wurzeln, die unter der Erde
wachsen, wie Radieschen, Steckrüben und Rote Beete. Und Phal (Obst) versorgte sie mit ausreichend Vitaminen und organischen
Salzen in ihrer Grundform, um sie für ein Leben der Konzentration und
Meditation tauglich zu machen. Manche Nahrungsmittel wachsen natürlich im
Überfluß, während andere mühevoll angebaut und erzeugt werden müssen. Die
Körner und das Getreide waren für die Allgemeinheit bestimmt.
Satvik oder eine reine Nahrung aus Mool,
Kand, Phal (Wurzelgemüse, Kartoffeln und Obst) verlängert das Leben und heilt
eine Anzahl von Krankheiten und Gebrechen. Ihr Nutzen wurde inzwischen selbst
von der Medizin erkannt. Heutzutage werden viele Medikamente aus Kräutern,
Früchten und Samen bereitet und als äußerst wirksam befunden. Auch alle
anderen natürlichen Heilweisen wie Sonnenbäder, Seebäder, Moorbäder und
Wasseranwendungen, Massage, Physiotherapie, Naturheilverfahren und
Chromotherapie zeigen wunderbare Erfolge. Die Satvik-Nahrung und ein einfaches
Leben tragen viel zur Entwicklung höchster Kultur und Zivilisation bei. Wir
müssen stets daran denken, daß die Nahrung für den Menschen und nicht der
Mensch für die Nahrung geschaffen ist. Essen, um zu leben, und nicht leben, um
zu essen, sollte ein Grundsatz unseres Lebens sein. Wenn wir diesem Gebot
folgen, werden wir Empfänglichkeit für die höheren, ethischen und spirituellen
Werte des Lebens entwickeln, die uns allmählich zur Selbsterkenntnis und
Gotterkenntnis führen.
Rajasic oder energiespendende Nahrung umfaßt
neben pflanzlichen Lebensmitteln Produkte wie Milch, Sahne, Butter und
Butterschmalz usw. auch von anderen Tieren als Kühen, wenn sie in Maßen zu sich
genommen werden. Im alten Indien war der Genuß von Milch hauptsächlich der
herrschenden Klasse vorbehalten, da die Könige besondere Kraft brauchten, um
das wilde, aufrührerische und barbarische Volk unter Kontrolle zu halten, das
sich nicht an die allgemein gültigen Lebensregeln hielt. Das Melken des
Milchviehs war erst dann erlaubt, wenn die Kühe geboren hatten und gut versorgt
waren; und man ließ genug Milch für die Ernährung ihres Nachwuchses, der
Kälber, in den Eutern. Die übrige Milch war den Menschen nur unter besonderen
Umständen erlaubt. Dieses spezielle Gesetz war dazu gedacht, die junge Zivilisation
vor der Entartung zu bewahren. Auch die Rishis der alten Zeit, die relativ
isoliert und ganz für sich lebten und die meiste Zeit in abgeschiedener
Meditation verbrachten, nahmen Milch nur in begrenzten Mengen zu sich und
ließen viel Milch für die Aufzucht der jungen Tiere in den Eutern.
In manchen indischen
Dörfern gilt auch heute noch der traditionelle Brauch, nur den Überfluß der
Milch zu verwenden. Doch heute verletzt der Mensch in seinem ungezügelten
Verlangen nach Macht alle Gesetze der Natur unter dem Vorwand der sogenannten
Freiheit, die er für sich in Anspruch nimmt. Unglücklicherweise sind wir darauf
verfallen, dem Grundsatz zu glauben, daß "der Tüchtigste überleben
wird", und müssen diese unkluge Einstellung nun teuer bezahlen.
Die einzige Überlegung,
die heute gilt, ist soviel Milch wie möglich zu gewinnen, selbst auf Kosten der
Kälber. Mancherorts wirft man sie unmittelbar nach der Geburt in kochendes
Wasser und setzt Melkmaschinen an, um den letzten Tropfen Milch aus dem Euter
zu pressen, um mit dem Wettbewerb und Gewinnstreben Schritt zu halten. Das wird
dann stolz hohes technisches Können, Fortschritt und Zivilisation genannt. Die
jungen Reformer von heute drängen der Menschheit solche Techniken und diesen
Wettbewerb auf, statt Landwirtschaft und Viehzucht zu verbessern und einen
Zuchtbestand aufzustellen, was niemandem schaden würde und die große Not
beseitigen könnte, von der heutzutage so oft die Rede ist.
Tamsik oder abstumpfende Nahrung besteht
aus Fleisch und alkoholischen Getränken, Knoblauch usw. und eigentlich aus
allem anderen Eßbaren, ob natürlich oder unnatürlich, abgelagert oder frisch.
Jene, die zu einem hemmungslosen und ungezügeltem Essen Zuflucht suchen, leben,
um zu essen und essen nicht, um zu leben. Ihr Lebensziel ist hedonistisch,
einzig auf Triebbefriedigung gerichtet, und ihr Wahlspruch lautet: „Eßt,
trinkt und seid vergnügt." Sie stürzen sich kopfüber in die sogenannten
Freuden des Lebens. Wenn sie mit ein wenig Konzentrationskraft begabt sind,
verwenden sie all ihre Energie (geistig und physisch) darauf, ihr kleines Ich,
das egoistische Gemüt, zu verherrlichen. Diese Verhaltensweise wird voll
Selbstgefälligkeit als Zeichen hoher Zivilisation betrachtet. Jenen, die nach
Erkenntnis des Geistes im Menschen und nach schließlicher Befreiung der Seele
von den Hüllen des Gemüts und der Materie verlangen, wird eine solche
Lebensweise von den Meistern der höchsten Ordnung strengstens untersagt.
Werden denkende Menschen
hier kurz innehalten, um die wirkliche Lage des Menschen zu bedenken und zu
erkennen? Warum ist er so stolz darauf, sich selbst das edelste der Geschöpfe,
das Höchste und die Krone der Schöpfung zu nennen oder nennen zu lassen? Wohin
treibt der Mensch so unbesonnen? Steht er nicht am Rande eines schrecklichen
Abgrundes, den er jeden Augenblick hinabstürzen kann? Er hat sich durch sein
eigenes Verhalten leichtfertig der Rache der Natur ausgesetzt. Er ist beständig
in Gefahr, in die tiefsten Tiefen physischer und moralischer Vernichtung
gerissen zu werden. Der Mensch hat sich im Hinblick auf seine Ernährung die
Bestien des Dschungels zum Vorbild genommen und er handelt wie ein wildes Tier.
Er erfreut sich nicht nur am Fleisch der harmlosen Tiere wie Kuh und Ziege,
Hirsch und Schaf, an dem der unschuldigen Vögel in der Luft und der Fische im
Wasser, sondern vergreift sich auch am Fleisch und Blut des Menschen, um seinen
unersättlichen Hunger nach Gold und Reichtum zu stillen. Er ist seinen Weg der
Selbsterhöhung, den er stolz Fortschritt nennt, noch nicht zu Ende gegangen.
Er sollte über die grundlegenden Wahrheiten, gemäß denen uns die Meister eine
vegetarische Ernährung anraten und vorschreiben, tief nachdenken. Auch die
Pflanzen haben latentes Leben in sich, wie es Wissenschaftler in der ganzen
Welt nachgewiesen haben. Doch da wir unsere Rolle im Drama des Lebens auf der
Bühne der Welt zu spielen haben und uns also ernähren müssen, um Körper und
Seele zusammenzuhalten, sind wir auf das angewiesen, was die Erde hervorbringt.
Ja, Gemüse, Früchte und
Körner enthalten natürlich Leben in sich. Das grundlegende Element des Lebens
ist Wachstum und Verfall. Die Wahrheit dieser Aussage ist seit frühester Zeit
gültig. Das ist keine neue Ansicht, wenn auch manche Wissenschaftler diese
Wahrheit von neuem entdeckt haben und als ihr eigen beanspruchen.
Doch laßt uns nun zum
Wesentlichen kommen. In der ganzen Schöpfung gilt das Naturgesetz, daß Leben
von Leben abhängig ist. Wie die Geschöpfe anderer Schöpfungsstufen, so erhält
sich auch der Mensch von Nahrung, die Leben in sich hat. Was die Aufnahme von
Karmas betrifft, scheint der Mensch bei oberflächlicher Betrachtung in der
gleichen Lage zu sein wie andere Geschöpfe niederer Lebensordnungen, wie Tiere,
Reptilien und dergleichen. Die Natur hat noch ein anderes Antriebsrad, das in
dieser materiellen Welt wirkt: das Gesetz der Evolution. Es bestimmt, daß
alles Leben eine Stufe der Schöpfung nach der anderen durchläuft. Und da es
sich von der einen Ebene zur nächst höheren erhebt, besitzt jedes Wesen einen
besonderen Wert, der es von niedrigeren Stufen trennt. Die Grundlage, die
seinen äußeren wie auch inneren Wert bestimmt, ist die stoffliche Qualität und
der Verstand. Je wertvoller die materielle Zusammensetzung, die ein Wesen
bestimmt, um so größer ist sein Verstand und somit sein Wert. Die Heiligen
wenden dieses Gesetz an, um die Ernährungsfrage des Menschen zu lösen. Sie
legen uns dieses Gesetz dar, ob wir es beachten oder nicht, damit wir unsere
Ernährung verbessern und einer ernsthaften karmischen Verstrickung und Last so
gut als möglich entgehen können, die uns sonst unentrinnbar gebunden hält.
Jede Art von Nahrung hat
eine besondere Wirkung auf den Menschen, die das Erlangen des höchsten Zieles
der Selbsterkenntnis und Gotterkenntnis erschwert. Dieses Gesetz stimmt mit dem
überein, was wir gewöhnlich glauben, obschon wir uns der Ursache unserer
Handlungen meist nicht bewußt sind. Wenn wir die folgenden Aussagen über unser
tägliches Leben vergleichen, werden wir zu unserer Überraschung feststellen,
daß sich das, was wir im sozialen Bereich als richtig erkennen, in gänzlicher
Übereinstimmung mit dem Naturgesetz befindet, das hier erklärt wird.
Der menschliche Körper,
in dem alle fünf Tatwas (die Grundelemente der Schöpfung: Erde, Wasser, Feuer,
Luft und Äther) uneingeschränkt wirksam sind, wird als der wertvollste
erachtet. Darum nimmt er in der Rangordnung der Schöpfung die höchste Stelle
ein; und man glaubt, daß er Gott — seinem Schöpfer — am nächsten steht. Das
Töten der Mitmenschen gilt als schändlichstes aller Verbrechen, das mit dem
höchsten Strafmaß oder der Todesstrafe geahndet wird. Die nächste Stufe in der
Wertskala nehmen die Vierfüßler und andere Tiere ein, in denen vier Tatwas
tätig sind, während das fünfte, der Äther, nahezu fehlt oder nur in sehr
geringem Maß vorhanden ist. Das mutwillige Töten der Tiere, die einem anderen
gehören, zieht somit nur eine Strafe nach sich, die dem Geldwert des
betreffenden Tieres entspricht. Die nächste Stelle nehmen die Vögel ein, in
denen drei Elemente wirken, nämlich Wasser, Feuer und Luft und die folglich als
von geringerem Wert betrachtet werden. Jenen Geschöpfen, in denen nur zwei
Elemente lebendig sind — Erde und Feuer — und in denen die anderen drei in
schlafender oder verborgener Form existieren, wird ein noch geringerer Wert
beigemessen. Das sind die Reptilien, Würmer und Insekten, die ohne die
geringsten Bedenken oder Schuldgefühle getötet oder zertreten werden, da keine
Bestrafung damit verbunden ist. Den Wurzeln, Gemüsen und Früchten, in denen
allein das Wasserelement wirksam ist und die Vorherrschaft hat, während alle
anderen vier Elemente in untätigem Zustand ruhen, wird der geringste Wert zuerkannt.
Karmisch betrachtet bildet also die Pflanzen- und Früchte-Nahrung jene Kost,
die tatsächlich am wenigsten Schmerzen verursacht und uns mit der geringsten
karmischen Schuld belastet, wenn wir uns von ihr ernähren. Wir sollten also mit
dieser Art von Kost zufrieden sein, solange wir noch nicht ganz auf Nahrung
verzichten und etwas zu uns nehmen können, das überhaupt keine Folgen nach sich
zieht.
Laßt uns nun sehen, was
uns das Essener Johannes-Evangelium in diesem
Zusammenhang zu sagen hat:
Doch
sie (die Jünger) antworteten: „Wohin, Meister, sollen wir denn gehen? Sind doch
die Worte ewigen Lebens bei dir. Sage uns, welches sind die Sünden, die wir
meiden müssen, damit wir nie mehr krank werden?"
Jesus
antwortete: „Es geschehe nach eurem Glauben." Und er setzte sich mitten
unter sie und belehrte sie:
„Zu
denen vor alter Zeit wurde gesagt: „Ehre deinen Himmelvater und deine
Erdenmutter und halte ihre Gebote, damit du lange lebest auf dieser Erde."
Und das nächste Gebot lautete: „Du sollst nicht töten." Gibt doch Gott
allen das Leben, und was Gott gegeben, soll der Mensch nicht wegnehmen. Denn ich
sage euch wahrlich, alles was auf Erden lebt, kommt von der einen Mutter. Wer
daher tötet, tötet seinen Bruder. Und die Erdenmutter wird sich von ihm
abwenden und wird ihm ihre belebenden Brüste entziehen. Und ihre Engel werden
ihn meiden, und Satan wird in seinem Leibe Wohnung nehmen. Und das Fleisch der
erschlagenen Tiere wird in seinem Leibe zu seinem eigenen Grabe werden. Denn
wahrlich sage ich euch, wer tötet, tötet sich selber, und wer das Fleisch
ermordeter Tiere ißt, der ißt vom Leibe des Todes... Und ihr Tod wird zu seinem
Tode. . . Denn der Sünde Lohn ist der Tod. Tötet nicht, noch eßt das Fleisch
eurer unschuldigen Beute, damit ihr nicht Sklaven Satans werdet. Denn dies
bedeutet den Pfad des Leidens, und er führt zum Tode. Tut vielmehr den Willen
Gottes, damit seine Engel euch auf dem Weg des Lebens dienen
mögen. Gehorchet daher den Worten Gottes: „Siehe, ich habe euch jedes Gras auf
Erden gegeben, das da Samen trägt, und jeden Baum, dessen Frucht Samen birgt;
sie sollen euch zur Nahrung dienen. Und jedem Tier auf Erden und jedem Vogel
in den Lüften und allen, in denen der Atem des Lebens ist, gebe ich jedes grüne
Kraut zur Nahrung. Auch die Milch aller Wesen, die auf Erden leben und sich
bewegen, soll euch Nahrung sein; wie ihnen das grüne Kraut, so gebe ich euch
ihre Milch. Doch Fleisch und das Blut, das ihm Leben gibt, sollt ihr nicht
essen. . ." Nun sagte ein anderer (Schüler): „Moses, der Größte in Israel,
erlaubte unseren Vorvätern, das Fleisch reiner Tiere zu essen, und verbot nur
das Fleisch unreiner Tiere. Warum verbietest du uns denn das Fleisch aller
Tiere? Welches dieser Gesetze kommt von Gott: Mose Gesetz oder dein
Gesetz?"
Und
Jesus sprach weiter: „Gott gebot euren Vorvätern: „Du sollst nicht töten."
Doch ihre Herzen waren hart, und sie töteten. Da wünschte Moses, daß sie
mindest keine Menschen töten sollten, und er erlaubte ihnen, Tiere zu töten.
Doch da wurden die Herzen eurer Vorväter noch härter, und sie töteten Menschen
ebenso wie Tiere. Ich aber sage euch: Tötet weder Menschen noch Tiere, ja nicht
einmal die Nahrung, die ihr in euren Mund führt. Denn eßt ihr lebende
Nahrung, so wird sie euch beleben; doch tötet ihr eure Nahrung, so wird die
tote Nahrung auch euch töten. Denn Leben kommt nur vom Leben, und vom Tod kommt
immer nur Tod. Denn alles, was eure Nahrung tötet, tötet auch eure Leiber. Und
alles, was eure Leiber tötet, tötet auch eure Seelen. Und eure Leiber werden,
was eure Nahrung ist; gleich wie euer Geist wird, was eure Gedanken sind... So
eßt immer vom Tische Gottes: die Früchte der Bäume, die Körner und Kräuter der
Felder, die Milch der Tiere und den Honig der Biene. Denn alles, was darüber
hinaus geht, ist des Satans, und es führt über Sünden und Krankheiten zum Tode.
Die Nahrung dagegen, die ihr von der reichen Tafel Gottes eßt, gibt eurem
Leibe Kraft und Jugend, und Krankheit wird euch fernbleiben..."
Vihar oder soziales
Verhalten
Eine weitere Aufgabe der
Heiligen ist, uns zu Menschen zu machen. Ihre erste und wichtigste Mission ist
es, den Menschen das uneingeschränkte Anrecht auf das höchste Wissen über die
Seele und All-Seele zu verleihen. Die Heiligen weisen den Sucher an, die
völlige Reinheit von Körper, Gemüt und Verstand anzustreben, was ihn erst zu
einem vollständigen und gesunden Menschen macht, bevor er sich daran wagen
kann, den Gordischen Knoten zwischen Körper und Geist zu lösen. Ein verletzter
und verstümmelter Mensch kann weder sich selbst noch Gott erkennen. Welchen
Grundsätzen soll denn nun der Strebende sein Handeln unterordnen? Das ist die
wichtigste und doch am wenigsten beachtete Frage, die meist gedankenlos
übergangen wird. Die dürftigen Informationen, die uns im allgemeinen zugänglich
sind, verdanken wir entweder geistigen Gemeinschaften oder verstreuten
Hinweisen religiöser Menschen oder dem Studium religiöser Bücher.
Die meisten Menschen
bemühen sich jedoch nicht einmal auf der Verstandesebene, ihrem Leben eine
feste Richtung zu geben oder es einem Glaubensbekenntnis unterzuordnen. Sie
haben nie genug Zeit, sich dieser Frage zuzuwenden. Vielleicht hat religiöse
Engstirnigkeit oder Furcht der Priesterschaft nicht erlaubt, die Aufmerksamkeit
der Massen diesem Problem zuzuwenden. Bei dem weit verbreiteten Materialismus
mögen sie es als hoffnungslose Aufgabe empfunden haben, Ernährungsgebote aufzustellen.
Doch trotz alldem gibt es einige Menschen, die ohne Vorurteile sind und die
Literatur des Ostens unvoreingenommen studieren. Doch durch die besondere
Ausdrucksweise, die ihnen gänzlich fremd ist, sehen sie sich dabei vielen
Schwierigkeiten gegenübergestellt. Die Worte sind entweder in sich nicht
deutlich genug oder geben das, was der Verfasser sagen wollte, nur ungenau
wieder. Die alten Weisen — die Rishis und Munis von einst — haben die Frage des
menschlichen Lebens gründlich durchdacht. Sie haben seine verschiedenen Aspekte
erschöpfend untersucht, um einen vernünftigen Lehrplan und Übungsweg zu
entwickeln, der dem Menschen auf seiner Suche nach der Vollendung hilft. Auf
diese Weise wurde eine zufriedenstellende Richtlinie umfassender Zivilisation
oder Neugestaltung ausgearbeitet, die das Wissen um das Selbst oder die Seele
und das Erreichen der höchsten Wirklichkeit — der großen Wahrheit, — die allem
zugrunde liegt, — umschloß. Sie begannen mit der planmäßigen Erforschung der
Gunas (Eigenschaften) — dem Rückgrat und der Urquelle aller karmischen
Aktivität - von denen jede Bewegung des Gemüts ausgeht. Danach zergliederten
sie die Gunas und teilten sie in drei ganz unterschiedliche Gruppen ein:
1) Satogun:
Die höchste Handlungsweise. Man kann sie als ein reines Leben in geistiger
Ausgeglichenheit beschreiben.
2) Rajogun:
So wird der Mittelweg des Handelns genannt. Eine geschäftsmäßige Haltung des
Gebens und Nehmens.
3) Tamogun:
Die niedrigste Handlungsweise, die allein auf selbstsüchtige Ziele gerichtet
ist und keinerlei Gedanken an andere kennt.
Mit ein paar Beispielen
kann man das Thema leicht verstehen:
a) Bedenken wir zum
Beispiel die Frage des Dienens und Helfens:
1)
"X" hat es sich zum Grundsatz seines Lebens gemacht, anderen zu
dienen, aber für das, was er getan hat, erwartet er keinerlei Hilfe oder Dienst
als Gegenleistung von anderen. Seine Lebensregel lautet: Tue Gutes und erwarte
keinen Dank.
2)
"Y" dient und hilft und erwartet die gleiche Gegenleistung. Das kann
man mit einem Austausch von Dienstleistungen vergleichen, wie er im
Geschäftsleben nach dem Grundsatz des Gebens und Nehmens oder des Tausches
üblich ist: behandle andere so, wie du auch behandelt werden möchtest.
3)
"Z" dient anderen nicht, noch hilft er ihnen, sondern glaubt
vielmehr, daß er ein Recht auf Hilfe und Dienst von anderen hat, was ihn aber
zu keinerlei Gegengabe verpflichtet.
b) Betrachten wir nun die
Frage der Nächstenliebe:
1)
"X" gibt und vergißt und möchte dafür keinerlei Gegengabe — denn sein
Grundsatz lautet, den Armen und Hilfsbedürftigen selbstlos zu dienen.
2)
"Y" gibt und erwartet für die guten Dienste, die er anderen erwiesen
hat, irgendeine Art von Gegenleistung.
3)
"Z" erwartet lediglich Hilfe und Dienst, wenn er in Not ist, doch er
gibt dafür nie etwas zurück, selbst wenn ein anderer sich direkt vor seinen
Augen in größter Not befindet.
Wir sehen also, daß das
Verhalten von "X" am besten und Satogun ist. Seine guten Taten
zeichnen ihn vor den Augen aller Menschen der Welt und vor seinem Schöpfer aus.
"Y" erntet keinen Ruhm für seine guten Taten, da sie durch sein
geschäftsmäßiges Geben und Nehmen fast schon beglichen sind, so daß nichts mehr
zu seinen Gunsten verbleibt. "Z" andererseits belädt sich mit einer
Bürde oder Last, zu deren Begleichung er sich den karmischen Auswirkungen
ausliefert, die sich unter Umständen von Generation zu Generation ohne Ende
hinziehen.
Die Meister raten uns
also, den in (1) geschilderten Weg zu gehen und auf keinen Fall den Weg (2) zu
unterschreiten, wenn das überhaupt nötig sein sollte. Glücklicherweise kann
jeder von uns selbst seinen Lebensweg bestimmen und über seine Handlungsweise
entscheiden. Soviel zum Verhalten des Menschen als Mitglied der Gesellschaft,
der er angehört. Das anzustreben, ist jedoch kein Ziel an sich, sondern nur ein
Mittel zum Ziel — dem Ziel, neh-karma zu werden - das heißt, Karmas nicht nur
ohne Bindung oder Verlangen nach ihren Früchten, sondern als ein swadharm (Tun
im Nichtstun) zu vollbringen und dann weiterzugehen, um das Selbst im Innern zu
entwickeln und die Quelle aller Liebe, allen Lebens und allen Lichts zu
erfahren, in der wir wirklich leben und unser wahres Sein haben, wie ein Fisch,
der im Wasser lebt und doch nicht weiß, was Wasser ist.
Anhang
II
Das Leben der
Selbsthingabe
Um auf dem spirituellen
Pfad fortzuschreiten, ist es von höchster Bedeutung, die Frage von Ahar oder des persönlichen Verhaltens
zu beantworten. Für den Wahrheitssucher stellen der liebende Glaube und die
völlige Selbsthingabe an den Willen Gottes oder seines Erwählten die
grundlegenden Prinzipien seines Lebens dar. Die Weisen und die Schriften sagen
uns gleicherweise, daß wir, während wir in der Welt leben, uns nicht so
verhalten sollten, als ob wir von der Welt seien, sondern eine Haltung der
Selbstverleugnung oder des völligen Losgelöstseins von der Welt und allem, was
weltlich ist, beibehalten sollten. Wir sollten also leben wie die
Lotospflanze, die unten im Schlamm verwurzelt ist, doch ihre Blüte weit darüber
ins Licht der Sonne erhebt, die über dem dunklen Wasser erstrahlt; oder wie der
königliche Schwan (ein Wasservogel) der majestätisch über das Wasser gleitet,
das sein natürlicher Lebensraum ist und doch unbenetzt darüber hinwegfliegen
kann, wenn er so will oder es ihm geboten scheint.
Diese Art unbeteiligter
Absonderung oder Loslösung von der Umgebung und allem, was dem niederen Selbst
angehört (Körper, Gemüt und mentale Welt), kommt nur zustande, wenn man die
Ichheit oder den persönlichen Willen im Willen Gottes oder dem seines Gurus,
des Gott-Menschen, auflöst, denn dann handelt man wie ein Schauspieler, der
seine Rolle schweigend spielt und nach dem Willen des Drahtziehers hinter der
Bühne tanzt. Dieser Zustand, der uns bitten läßt: „Nicht mein Wille, sondern
Dein Wille möge geschehen, o Herr!" wird völlige Selbsthingabe genannt.
Diese Haltung hilft uns in hohem Maß, neh-karma
zu werden. Obwohl wir augenscheinlich dies oder jenes bewirken, tun wir doch
nichts mehr aus uns selbst, sondern führen nur den Willen Gott-Vaters oder des
Göttlichen Gebieters aus.
Selbsthingabe heißt also,
daß man alles, was man hat, Gott oder seinem Erwählten, dem Lehrer (Gott im
Menschen) übergibt; einschließlich Körper, Besitz und inneres Selbst (das
denkende Gemüt). Das bedeutet für das Individuum jedoch nicht den Zustand
völligen Bankrotts oder der Handlungsunfähigkeit, wie mancher wohl glauben
wird. Der allmächtige Gott und sein Erwählter sind die Spender aller Dinge, und
sie benötigen jene Gaben nicht, die sie ihren Kindern umsonst und im Überfluß
zu ihrem rechtmäßigen Gebrauch und Wohlergehen gewährt haben. Doch aus
Unwissenheit betrachten wir sie als unser Eigen und nehmen eine Haltung
aggressiven Besitzstrebens ein und versuchen sie mit allen Mitteln, ob recht
oder unrecht, zu erlangen und wachen dann voll Eifersucht mit allen Kräften
darüber. An diese Gaben gebunden, halten wir an ihnen fest und vergessen den
Großen Spender. Und dadurch schleicht sich unmerklich die große Täuschung in uns
ein, die Grundursache all unseres Leids. All die Dinge, die wir erlangt haben,
gehören uns zweifellos, doch sie wurden uns als heiliges Gut zu unserem
zeitweiligen Gebrauch gegeben, damit wir sie in Übereinstimmung mit dem Willen
des Spenders nutzen, der zweifellos vollkommen, makellos rein und fehlerlos
ist. Doch da wir im Bereich der Materie leben, können wir trotz all unserer
Weltklugheit nicht vermeiden, daß uns die groben Eindrücke anziehen und wir
ihnen erlauben, sich ungehindert Tag für Tag anzuhäufen, bis sie einen
granitenen Wall um uns bilden und wir dadurch unser klares Wahrnehmungsvermögen
verlieren, der Wirklichkeit gegenüber blind werden und dazu gelangen, das
Selbst in uns mit pinda und dem pindi-manas (dem Körper und dem
physischen Gemüt) zu identifizieren. Diese rauchgeschwärzten und mit
Scheuklappen versehenen Gläser trüben unsere Sicht so sehr, daß wir die weiße
Strahlung der Wirklichkeit nicht mehr erkennen können, die uns nun durch einen
Dom vielfarbenen Glases verborgen ist.
Die Heiligen berichten
uns von der Wirklichkeit und helfen uns, die täuschenden Gläser zu zerbrechen,
die Scheuklappen, die unsere Sicht begrenzen, herunterzureißen und die Welt,
die sich uns zeigt, als herrliches Gotteswerk zu erkennen. Sie sagen uns, daß
die Welt, die wir sehen, eine Widerspiegelung Gottes ist und Gott in ihr wohnt.
Da dies so ist, müssen wir Körper, Gemüt und Besitz, die Gaben Gottes sind, so
sauber und rein erhalten, wie sie uns gegeben wurden und sie in seinen Dienst
und im Dienst für seine Schöpfung weise nutzen, wie es seinem Göttlichen Willen
entspricht, der bereits ins Grundmuster unseres Seins gewirkt ist (oder wie
könnten wir sonst bestehen?) Doch durch eine fortwährende Empfindung des
Getrenntseins von der Wirklichkeit haben wir Ihn im mächtigen Wirbel der Welt
aus den Augen verloren und auch unseren Halt an den lebendigen Rettungsleinen
im Innern: dem Licht und dem Ton Gottes, verloren.
Die Heiligen gebieten
uns, den Vorgang des Nachaußenwendens zur inneren Wirklichkeit hin umzukehren,
indem wir die wahren Werte des Lebens verstehen lernen; denn das
"Leben" ist wertvoller als das Fleisch (der Körper); und das Fleisch
ist mehr wert als das Gewand (weltlicher Besitz), mit dem wir unser geringes
Selbst in Form von Körper und Gemüt bedecken, die wir fälschlich als unser
Eigen ansehen und bedenkenlos und selbstsüchtig für Sinnesfreuden und irdische
Zurschaustellung verwenden. Wenn wir uns einmal über das Körperbewußtsein
erhoben haben, wissen wir, was wir sind und wie wir unsere Gaben im Dienst an
Gott und Gottes Schöpfung am besten nutzen können. Und wir werden sie nicht
länger zu sündhaften Handlungen, die aus sinnlichem Verlangen und dem Wunsch
nach Selbsterhöhung geboren wurden, mißbrauchen und auch nicht als Mittel zu
weltlicher Macht oder für persönlichen Nutzen und Gewinn einsetzen. Das war die
große Lehre, die der Weise Ashtavakra von Radscha Janaka vernahm, nachdem er
ihm eine tatsächliche Erfahrung der Wirklichkeit gegeben hatte. Wir müssen in
der Tat nichts anderes aufgeben als die egoistische Gebundenheit an die
Schatzkammer des Herzens; und dadurch werden wir nicht ärmer, sondern lenken
weit mehr der liebevollen Gaben des Höchsten Vaters auf uns, da er die Weisheit
seines Kindes erkennt, das einst war wie der verlorene Sohn, doch nun klug
geworden ist. Das wird Hingabe des niederen Selbst mit allem, was zu ihm gehört
— Körper, Gemüt und Besitz — genannt, wie es dem Göttlichen Willen entspricht,
um das Höhere Selbst zu verwirklichen und neh-karma zu werden und das wahre
Ziel unseres Lebens zu erreichen.
Nun ein Beispiel zum
besseren Verständnis: Aus der Zeit von Guru Arjan, dem fünften Guru nach Nanak,
wird uns von einem vorbildlichen Sikh (Schüler) namens Bhai Bhikari berichtet.
Einst bat ein Schüler dem Guru, ihn mit einem Gurbhakta oder ergebenen Schüler
bekannt zu machen. Der Guru sandte ihn mit einem Brief zu Bhai Bhikari und bat
ihn, ein paar Tage bei Bhai Sahib zu bleiben. Bhikari empfing seinen
Glaubensbruder sehr herzlich und bewirtete ihn, so gut er nur konnte. An dem Tag,
als er ankam, nähte sein Gastgeber ruhig an einem Stück Stoff, das wie ein
Leichentuch aussah. Nachdem der Schüler ein paar glückliche Tage in seiner
Gesellschaft verbracht hatte, wollte er wieder heimkehren, aber Bhikari bat
ihn, noch ein wenig zu bleiben und der Hochzeit seines Sohnes beizuwohnen, die
sie bald feiern würden. Da sein Gastgeber ihn so liebevoll bedrängte, stimmte
er zu. Der Hochzeitstag nahte. Im Haus wurde gefeiert, doch Bhikari blieb so
ruhig wie immer. Wie alle anderen, begleitete der Schüler den Hochzeitsumzug,
nahm an den fröhlichen Trauungsfeierlichkeiten teil und ging mit den Brautleuten
zum Hause Bhikaris zurück. Doch wie es das grausame Geschick befahl, wurde am
nächsten Tag Bhikaris einziger Sohn, der frisch vermählte junge Mann, ganz
unvermittelt krank und starb. Bhikari nahm ruhig das Tuch heraus, das er vor
ein paar Tagen für diesen Zweck genäht hatte, hüllte den toten Körper seines
Sohnes darin ein, trug ihn zum Verbrennungsplatz und vollzog das letzte Ritual
mit seinem gewöhnlichen Gleichmut. Der Schüler war sprachlos vor Staunen über
Bhikaris unerschütterlichen Gleichmut, der von all diesen Wechselfällen des
Lebens unbeeinträchtigt blieb, denn er bemerkte in Bhikari nicht eine Spur von
Freude oder Kummer, sondern völlige Ergebenheit in den Willen des Herrn, den
er von Anfang an erkannt und befolgt hatte, ohne persönliche Gefühle oder Gemütsbewegungen
zur Schau zu stellen.
Guru Nanak betete immer:
„O Herr! Tue nicht das, was ich erbitte, sondern lasse Deinen Willen geschehen."
Ähnlich bezeichnete sich
Sant Kabir häufig als einen Hund namens Moti und schrieb all seine Taten seinem
Herrn und Gott zu, der die Leine in den Händen hielt und ihn zog, wohin Er
wollte. Christus betete immer: ,,Dein Wille geschehe im Himmel wie auch auf
Erden." „Dein Wille geschehe" war auch stets das Schlußwort der
täglichen Gebete der Hindu-Mönche, Moslem-Derwische und christlichen Priester,
denen die Worte „Tatha Astu" oder „Amen" folgten, die „Möge es so
sein" bedeuten.
Aus Vorstehendem sollte
deutlich zu erkennen sein, wie sehr wirklich aufrichtigen Schülern des
Meisters und auch dem Meister selbst bewußt ist, daß sie keine eigene,
individuelle Existenz haben, die vom Gottmenschen oder von Gott getrennt wäre.
Solche Menschen lesen in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wie in einem
offenen Buch und handeln stets in Übereinstimmung mit dem Göttlichen Plan. Das
führt zu dem unweigerlichen Schluß, daß Gott jenen Seelen hilft, die seinen
Willen befolgen. Doch das gilt nur für einen Menschen mit starkem Glauben und
ist kein Weg zur Errettung, den der gewöhnliche Mensch beschreiten kann, der
immer auf der Sinnesebene lebt, denn er wird durch das Gesetz beherrscht, daß
Gott jenen hilft, die sich selbst helfen. Jede Art von Selbsthingabe bringt rasch
ihre eigene Frucht, die der Tiefe des Glaubens entspricht und der Ebene gemäß
ist, auf der sie erfolgt.
Wenn man auf dem Pfad
fortschreitet, lernt man durch allmähliche Erfahrung ihren vollen Wert kennen,
bis man eine Stufe erreicht, wo man die Ichheit oder das Ego gänzlich im
Göttlichen Willen verliert, selbst neh-karma
wird und somit die Krone und den erhabensten Zustand der menschlichen Existenz
verwirklicht. Der liebende Glaube an die Gott innewohnende Güte und die völlige
Selbsthingabe an den Göttlichen Willen führen uns also auf die Erhabene Straße
der Spiritualität, ohne daß der Strebende länger größere Mühen auf sich nehmen
muß. Diese zwei Punkte bilden das geheime "Sesam öffne dich" und den
magischen Schlüssel, der die Pforten zum Reich Gottes, das im Innern des
Tempels des menschlichen Körpers liegt, der uns allen eigen ist, weit aufstößt.
Alle Schriften künden: „Wisset ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid und der
Geist Gottes in euch wohnt?"
\
KARMA
Ein Brief von Meister
Sawan Singh
In der Schöpfung sind der
höchste Schöpfer und die individuelle Seele durch den Tonstrom miteinander
verbunden. Aber Kal (die negative Kraft), der auch eine Schöpfung des Höchsten
Wesens ist, trennt die einzelne Seele von diesem Strom, indem er als Gemüt und
Form dazwischentritt.
Daher fühlt sich die
einzelne Seele getrennt, doch nicht so der Schöpfer. Es gibt drei Arten von
Gemüt, und diesen entsprechen drei Arten von Formen. In Trikuti (eine Stufe der
Kausalebene) bedeckt Nijman (das innerste Gemüt) oder Brahm (das universale
Gemüt) den Geist oder die Seele. Die Umhüllung der Seele besteht hier aus sehr
reiner Maya, so rein, daß die Mehrzahl der Sucher den Geist nicht getrennt von
Maya (Gemütsstoff) erkennt und daher Brahm als alles durchdringend betrachtet.
Weiter unten in Sahasdal Kanwal (Astralebene) erhalten die Formen von Trikuti
weitere Umhüllungen aus Gemüt und Form, die grobstofflicher als die zuerst
erwähnten sind. Die astrale Form wird hier von Andi Man (dem astralen Gemüt)
beherrscht.
In dieser Zone gibt es
Höllen, Himmel und zahlreiche andere Lokas (Regionen). Die Neigungen dieses
Gemüts sind erhebend und nach innen gerichtet. Es verhält sich wie ein weiser
Feind (der versucht, uns hier zu halten). Weiter unten in Pind (physische Form)
erhält die Astralform eine weitere Umhüllung grobstofflichen Materials, mit dem
wir alle vertraut sind.
Das Gemüt, das diese Form
beherrscht, wird Pindiman (physisches Gemüt oder Verstand) genannt. Seine
Neigungen richten sich nach außen und zersplittern sich, und es ist sehr schwer
zu beherrschen. Nun kann ein Körper, der von Gemüt und Seele bewegt wird, nicht
anders, als Karma (Ursachen) zu schaffen; und das karmische Gesetz — "Wie
du säst, so wirst du ernten" — wirkt unaufhörlich weiter, und die Rechnung
wird mit der Zeit verwickelt. Je mehr wir bewirken, um so größer die
Verstrickung, und wir sind dann wie ein Vogel, der in den Maschen eines Netzes
flattert.
Kal hat die Fallstricke
der Formen und Gemüter so listig gelegt, daß es beinahe unmöglich ist, in
diesen Gemütern und Formen ihren Auswirkungen zu entkommen. Es spielt keine
Rolle, wie gut oder fromm wir handeln, unsere Taten können uns aus diesen
Regionen nicht herausführen. Krishna sagte: „Gute Handlungen sind ebenso
bindend wie schlechte. Gute Handlungen kann man mit Fesseln aus Gold und
schlechte mit Fesseln aus Eisen vergleichen; beide halten uns gleichermaßen
gebunden." Ein Entkommen ist nur durch den Tonstrom möglich, da er die
Grundsubstanz ist, aus der die Gemüter bestehen.
Das Gemüt wird nur ruhig
und untätig, wenn die Aufmerksamkeit den Tonstrom ergreift und ihm folgt. Zu
jeder anderen Zeit, wenn die Aufmerksamkeit nicht auf den Tonstrom gerichtet
ist, gewinnt das Gemüt die Oberhand. Während der langen und unabsehbaren Zeit,
seit sich der Geist von dem Meer (aus dem er stammt) getrennt hat und sich mit
den Gemütern und Körpern verbunden hat, wurde nicht nur der Weg nach oben
versperrt, sondern auch der Geist so verwirrt, verstrickt und entkräftet, daß
er die Erinnerung an seine Heimat ganz verloren hat und damit zufrieden ist, in
dieser erbärmlichen materiellen Welt ein erbärmliches Leben zu führen.
Nun gibt es zwei
Standpunkte, von denen man die Schöpfung betrachten kann: den des Schöpfers
und den unseren — oder mit anderen Worten: den vom oberen und den vom unteren
Ende. Von oben sieht es aus, als sei der Schöpfer alles in allem. Er ist der
einzig Handelnde, und das Individuum gleicht einer Puppe, die vom Puppenspieler
nach rechts oder links gezogen wird. Der einzelne scheint keinen freien Willen
zu besitzen und daher auch keine Last der Verantwortung. Es ist Sein (Gottes)
Spiel. Da gibt es kein Warum und Wofür. Alle Heiligen beschreiben die
Schöpfung, wenn sie von oben auf sie blicken, als Seine Offenbarung. Sie sehen
Ihn überall wirken. Wenn wir die Sache nun von unten oder aus der Sicht des
einzelnen betrachten, begegnet uns Vielfalt im Gegensatz zur Einheit. Jeder
scheint durch seinen Willen zu wirken. Und er wird von anderen beeinflußt und
wirkt selbst auf andere ein, mit denen er in Verbindung kommt. Das Individuum
ist der Handelnde und daher für seine Taten und deren Folgen verantwortlich.
All seine Handlungen werden in Gemüt und Gedächtnis aufgezeichnet und rufen Zuneigungen
und Abneigungen hervor, die ihn an die materiellen, astralen oder mentalen
Bereiche gebunden halten, wie es seinen früheren Handlungen im Kreislauf der
Seelen-wanderung entspricht. In diesen Regionen kann der einzelne nicht anders
als handeln; und wenn er etwas getan hat, kann er den Auswirkungen dieser Tat
nicht entgehen. Der einzelne ist der Handelnde und muß daher die Folgen seiner
Taten auf sich nehmen.
Wie oben gesagt,
unterscheiden sich die Beobachtungen durch ihren unterschiedlichen Standpunkt.
Beide sind richtig. Das in grobe materielle Gestalt gekleidete Individuum
sieht nur die äußeren körperlichen Formen. Sein Blick dringt nicht tiefer.
Wenn er sich erheben würde, sähe derselbe Mensch von Sahasdal Kanwal aus, wie
das Gemüt alle Formen bewegt. Die Form ist nur zweitrangig, das Gemüt ist die
bewegende Kraft, die hinter allem steht. Das gleiche Individuum wird von
Daswan Dwar aus den Geistesstrom überall wirken sehen und erkennen, wie das
Gemüt seine Kraft von der Seele erhält.
Von Sach Khand aus
gesehen, kann man die ganze Schöpfung mit Blasen vergleichen, die in einem
spirituellen Meer entstehen und wieder vergehen. Der Mensch besitzt einen
Verstand und vollbringt jede Handlung wissentlich. Es ist daher seine Pflicht,
einen Ausweg aus dieser Verstrickung zu finden. Er muß gegen das Gemüt kämpfen,
um seinen Geist zu erheben, denn er lebt durch den Kampf. Und wo ein Wille ist,
da ist auch ein Weg. Er kann nicht sagen, daß das nicht ein Teil seiner Pflicht
sei.
Nun teilt man die Karmas
in drei Gruppen ein: Kriyaman oder neue Handlungen; Pralabdh oder Schicksal und
Sanchit, der Vorrat (Handlungen, die noch nicht Frucht getragen haben).
Vergleicht es mit der Lage eines Bauern: er bereitet sein Land für die Saat und
hat die freie Wahl, zu säen, was immer er will. Nehmen wir an, er entscheidet
sich für Weizen und sät ihn. Das Getreide reift heran, und er erntet es. Einen
Teil davon behält er für seinen Verbrauch im kommenden Jahr zurück, und den
Überschuß speichert er. Während des nächsten Jahres wird er von Weizen leben
müssen, denn er hat nichts anderes.
Wenn er nun etwas anderes
ernten möchte — sagen wir einmal Mais —, kann er ihn im nächsten Jahr säen. Wie
beim Weizen behält er etwas für seinen Verbrauch und bewahrt den Überschuß im
Speicher auf. Jahr für Jahr lebt er von dem, was er im vergangenen Jahr zurückbehalten
hat und vergrößert seine Reserve im Speicher, um sie bei einer Mißernte oder in
Notzeiten in Anspruch zu nehmen. Ihr seht, daß er von dem lebt und zu leben
hofft, was er selbst sät und erntet. Gleicherweise bestimmt alles, was wir in
diesem Leben tun, das Schicksal unseres nächsten Lebens; und Kal bewahrt etwas
davon für den Fall auf, daß unser Karma durch einen Zufall zur Neige gehen
sollte (natürlich ist die Wahrscheinlichkeit dafür gleich Null). Ohne Karma
kann Kal einen Geist nicht im Körper gebunden halten, und ohne Körper kann man
kein Karma bewirken. Es steht Kal frei, dem Schicksal aus dem Vorrat etwas
hinzuzufügen oder dem Schicksal etwas für den Vorrat abzuziehen. Wie der Bauer,
der sein Land für die nächste Saat bereitet, von dem lebt, was er das letzte
Jahr geerntet hat und auf seinen Vorrat vertraut, handeln wir gemäß unseres
Schicksals, das uns keine Wahl läßt. Aber wir haben die Wahl, für unser
zukünftiges Wohlergehen nach unserem Belieben etwas Neues zu bewirken. Und wir
haben eine Rücklage, einen Vorrat aus vergangenen Leben, von dem wir nichts
wissen.
Wir wirken daher
gegenwärtig auf zweifache Weise: a) Was unser Schicksal betrifft, sind wir
hilflos; doch b) bei neuen Handlungen haben wir die freie Wahl, was wir für die
Zukunft säen wollen. Es ist nicht einfach für den Einzelnen, allein mit dem
Verstand zwischen diesen beiden Arten von Handlungen zu unterscheiden. Aber
man kann folgende grobe Regel aufstellen: das, was trotz unserer Bemühungen
und ohne unser Dazutun geschieht, ist Schicksal. Doch jene, deren
Aufmerksamkeit konzentriert ist und die Zugang nach innen haben, können ihr
Schicksal leicht lesen. Es ist ein offenes Buch für sie.
Im physischen Körper
gehen die Handlungen vom Herzzentrum aus. Solange das Gemüt hier gesammelt ist
(beim gewöhnlichen Menschen ist das Herz das Zentrum der Gemütstätigkeit), wird
der Mensch von Gemütsbewegungen beeinflußt. Er nimmt die Empfindungen von
Freude und Trauer wahr, da das Gemüt den Körper von diesem Zentrum aus bewegt.
Wenn der Geist durch Konzentration zum Augenbrennpunkt erhoben wurde, oder mit
anderen Worten, wenn die Aufmerksamkeit ihren Sitz oder ihr Zentrum vom Herz zu
den Augen verlagert hat, dann werden die durch äußere Einflüsse hervorgerufenen
Gefühle, die sich auf den physischen Körper auswirken, nur mehr unmerklich
wahrgenommen. Die Freuden der Welt werden einen solchen Menschen nicht erheben
und ihre Sorgen werden ihn nicht bedrücken. Die Schicksalshandlungen sind im
achtblättrigen Lotos in Anda (Astralebene) über den Augen gespeichert. Solange
man dieses Zentrum nicht überschritten hat, empfindet man ihren zwingenden
Einfluß. Wenn man dieses Zentrum überschritten hat und die Form des Meisters
erblickt (denn diese Form wohnt dort), wird der Einfluß der Schicksalshandlungen
nur mehr dem Namen nach wahrgenommen. Das Gemüt ist dann stark geworden und hat
die Kraft, sie ohne Anstrengung zu ertragen. Aber das Schicksal kann nicht
ausgelöscht oder geändert werden; man muß es ertragen. Hat der Pfeil den Bogen
verlassen, muß er sein Ziel finden. Die Handlungen, die sich noch nicht
ausgewirkt haben, sind am höchsten Punkt von Trikuti (Kausalebene) gespeichert;
und nur wenn eine Seele das dritte Gemüt oder Trikuti überschritten hat, kann
man sagen, daß sie von allem Karma frei ist. Unter dieser Ebene leidet der
Geist durch die üblen Auswirkungen des Karmas. Allen Handlungen liegt ein Motiv
zugrunde, und dieser Beweggrund ist bindend. Es ist nicht leicht, sich eine
Handlung vorzustellen, die ohne Beweggrund ausgeführt wird. Das Gemüt wirkt bewußt
oder unbewußt, und es ist lächerlich, von Karma (Handlung) ohne Gegenkarma
(Rückwirkungen) zu sprechen. Es gibt kein Entkommen vor dem Gegenkarma (den
Rückwirkungen). Wie gut unsere Handlungen auch sein mögen, ihren Folgen können
wir nicht entrinnen. Nächstenliebe, Opfer oder Pilgerfahrten müssen belohnt
werden, und die Seele, die sie bewirkt, muß den Lohn in der einen oder anderen
Verkörperung empfangen.
Der Mensch wird mit einer
Lebensspanne wiedergeboren oder verkörpert, die durch die karmischen
Auswirkungen unserer vergangenen Leben bestimmt ist — "nicht mehr und
nicht weniger". Christus sagt: „Deine Tage sind gezählt." Die Länge
unseres Lebens ist durch die Zahl der uns zugemessenen Atemzüge bestimmt. Ihr
rechter Gebrauch oder Mißbrauch kann unser Leben auf Erden verlängern oder
verkürzen. Normalerweise atmet man etwa 14 oder 15 mal in der Minute, aber in
leidenschaftlichen Augenblicken atmet man 24 bis 26 mal in der Minute. Auf
diese Weise verbraucht man die einem zugemessene Zahl an Atemzügen in einer
kürzeren Zeit. Führt man jedoch ein enthaltsames Leben und widmet den
spirituellen Übungen Zeit, verringert sich die Anzahl der benötigten Atemzüge
auf vier bis sechs pro Minute. Auf diese Weise wird das Leben verlängert. Die
Yogis kontrollieren ihren Atem durch Kumbhak (eine Hatha-Yoga-Übung) monate-
und manchmal jahrelang und verlängern dadurch ihr Leben um Hunderte von Jahren.
Doch man kann dem Karma
durch den Schutz entrinnen, den einem die Heiligen gewähren. Sie selbst sind
ohne Karma. Ihre Handlungen binden sie nicht, denn ihr Geist wirkt von Daswan
Dwar aus, einem Zentrum über den drei Bereichen des Gemüts und der Form, wie
eben beschrieben. Sie zeigen uns den Ausweg. Sie sagen, daß wir alle neuen
Handlungen im Namen des Meisters ausführen sollen, wobei der Einzelne in der
Eigenschaft eines Beauftragten handelt. Die neuen, in diesem Geist bewirkten
Handlungen werden uns nicht mehr binden. Und die Auswirkungen der Handlungen,
die unser Schicksal bestimmten, werden zur Zeit unseres Todes abgetragen sein.
Die Wirkungen der aufgespeicherten Handlungen nehmen die Heiligen teilweise auf
sich, und zum Teil muß sie der Ergebene erdulden, so wie der Heilige es für
richtig hält.
Die Heiligen verbinden
die getrennte Seele mit dem Tonstrom, unserem Urgrund, und wenn ihn die Seele
ergreift, sich erhebt und sich von den Einflüssen des Gemüts und der Materie
befreit, wird sie immer stärker. Je mehr sich der Einzelne auf diese Weise
bemüht, um so leichter ist der Pfad für ihn. Anderenfalls wird sein Weg länger.
Aber die Heiligen sind verpflichtet, ihn hindurchzubringen, wenn sie ihn einmal
initiiert haben. Das Hören auf den Tonstrom schneidet die Wurzeln des Karmas
ab.
Der Strom wirkt auf den
Geist wie ein Magnet. Er zieht den Geist an sich, und wenn er nicht vom Rost
des Gemüts und der Materie bedeckt wäre, stiege er auf wie ein Geschoß. Der
Rost der Bindungen und Eindrücke wird durch Wiederholung beseitigt. Die
Wiederholung von Gedanken über die innere Reise (Simran) ersetzt unsere alltäglichen
Gedanken, und anstatt im Äußeren umherzuwandern, beginnt das Gemüt im Inneren
Ruhe und Frieden zu finden; und wenn es ins Innere tritt, folgt ihm der Geist,
und wenn er nach innen gelangt, zieht ihn der Tonstrom wiederum nach oben. Und
wenn er Trikuti überschritten hat (was nur gelingt, wenn alle karmischen
Rechnungen beglichen sind), dann kehrt die Seele nie wieder in den Kreislauf
der Seelenwanderung zurück. Sie steigt auf, um in ihrem Meer zu verschmelzen.
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DAS
GESETZ DES KARMA
Handschriftliche
Notizen von Sant Kirpal Singh
Auf den folgenden sechs Seiten sind
fotomechanische Wiedergaben von sechs Seiten mit handschriftlichen Notizen des
Meisters zum Thema Karma abgedruckt. Es handelt sich dabei vermutlich um
vorbereitende Anmerkungen zu einem Vortrag über dieses Thema. Der Meister hat
sich oft zu Themen eines zu haltenden Vortrages (besonders zu Themen, über die
er in englischer Sprache reden mußte) Notizen auf kleinen Zetteln
ausgearbeitet, die er dann während des Vortrages in der Hand hielt, auf die er
aber augenscheinlich gar nicht oder kaum geschaut hat. Nach den Seiten mit den
handschriftlichen Texten folgt die Reinschrift ins Englische sowie die deutsche
Übersetzung.
I Law of Karma Page 1 Inserted text: You have great fortune you got man body, the .... to God-Power cleaned from man body - It is grant as result of good actions of the
past Law of Karam – As
you saw so shall you reap Each thought, each word, and each deed has to be accounted and compensated for in nature - Every cause has an effect and every action brings
about a reaction - Uproot the
cause and the effect
disappears. This has been done by the Masters who have
transcended these laws, but all
others are bound by the bonds of
karma which is the root cause
of physical existence - There are three kinds of karmas:_ - URDU
- (1) Sanchit (stored) karmas of past (2) Prarabdha – (fate or Destiny from which none can
escape) (3) Kriyaman (ones Actions + deeds in the present body) man
is free to do exactly as he pleases within certain limits - URDU – what we reap in this life the rest is transferred
to Sanchit cases as Small cause courts – High Courts . Explain Priory council courts – Karma is the Cause of rebirth
and each birth is in turn
followed by death. Thus the cycle of
en suffering - As you think so you
become Ignorance of law is no
excuse -------------- Good and bad deeds are fetters of gold or iron
- -Cycle of birth + death goes on (
there is no escape) until one meets a master fortunately. At the time of initiation
Master begins the process of
winding up all karmas of the
initiate – He gives him a contact with |
I Das Karmische Gesetz Eingefügter Text: Ihr habt großes Glück, daß ihr den menschlichen Körper bekommen habt,
der der Gotteskraft am nächsten ist. Der reine menschliche Körper wurde uns
als Ergebnis guter Handlungen in der Vergangenheit gegeben. Das Karmische Gesetz – Wie du säst so wirst du ernten. Jeder Gedanke, jedes Wort Jede Ursache hat eine Wirkung und jede Handlung bringt Das haben das die Grundursache der Es gibt drei Arten 1. Sanchit (Vorrat) Gesamtheit der Karmas
aus der Vergangenheit 2. Prarabdha – (Schicksal oder Vorsehung,
dem keiner entrinnen kann) 3. Kriyaman (die Handlungen und Taten im
gegenwärtigen Körper) Der Mensch ist innerhalb
bestimmter Grenzen frei, genau das zu tun, was im
gefällt - URDU – das ernten wir in diesem
Leben der Rest wird in das
Sanchit Karma übertragen Fälle wie Amtsgerichte Hohe Gerichte [den] Obersten Gerichtshof Das Karma ist die Ursache
der Wiedergeburt, und auf jede Geburt folgt
wiederum der Wie du denkst, so wirst du. Unkenntnis des Gesetzes
ist keine Entschuldigung. -------------- Gute und schlechte Taten sind Er gibt ihm eine Verbindung mit |
II Law of Karma Page 2 Sound current by practicing which Sanchit karma is
burnt away. Then for Karyaman karmas he prescribes diary to be
maint- ained. He is en a clean life and weed out
all inperfections in him by
self- -introspection from day
to day Prarabdha Karma is not touched for this is the cause of
the physical body which will vanish
due to interference with Natures
Law - So a very small remains to
be tolerated for the
remaining years of the disciples life -,
but even this is softened by the
grace of the Master – (A) Then Nish Kama Karma
= Karma performed without any attachment
to, or desire for the fruit
thereof. This is superior to all the forms of karmas which are more
or less are the source of
bondage, yet this type helps a little to
liberate one from karmic bondage It is only karma born of
desire or karma that leads to
bondage. This is what Moses taught “Desire not” Budha “Be desireless” Tenth „–
URDU –“ -desireless-ness. The highest of all is to be ‘Neh-Karma’ i.e. doing karma in
accordance with the Divine Plan, as a
conscious - Co-worker with the Power
of God. In brief the law of karma is Nature’s stubborn and
inexorable law from which there is
no escape and there is no
exception. “As you sow so shall you
reap” is the general rule for
earth-life. |
II Das Karmische Gesetz dem Ton-Strom, durch
dessen Übung
Es wird uns geraten, Das Pralabdha-Karma
wird nicht berührt, denn es ist die Ursache
des physischen Körpers, der sich durch
diesen Eingriff Nun zum Nish Kama
Karma = Karma, das ohne irgendeine Gebundenheit
oder dem Wunsch nach seinen Früchten
ausgeführt wird. Dies steht über allen Arten karmischen Fesseln zu
befreien. Es ist nur das aus dem Wunsch geborene
Karma oder Karma, das zur
Gebundenheit führt. Darum lehrte Moses:
„Begehret nicht“ Buddha: „Seid wunschlos“ Der Zehnte Guru „– URDU –“ Wunschlosigkeit Das höchste von allen ist
‚Neh-Karma’ zu sein, d.h. Karmas in
Übereinstimmung mit dem Göttlichen Plan
auszuführen, als ein bewußter Mitarbeiter der
Gottes-Kraft. Kurz gesagt ist das Gesetz des Karmas ein unbeugsames und
unerbittliches Naturgesetz, von dem es
kein „Wie man sät, so wird man ernten“ lautet die
allgemeingültige Regel für das Erden-Leben. |
II Law of Karma Page 3 As you think, so you become. It is from the abundance
of the mind that the tongue speaks.
Every action has a reaction,
for that is Natures Law of Cause and Effect. One has therefore to bear the
fruit of his actions Is there no remedy then? ------------------------------------------------------- (A) Pralabdha Karma.
A person has has no control over them
– It is however possible that one may so
mould and develop his inner
Self through the guidance of Master
Soul, they may not feel this bitter
sting just as the kernel in a ripe
almond or Walnut does not feel
the prick of a needle by getting
detached from the shell without, which
as a consequence gets shrivelled and
hardened and serves henceforth as a
protecting armour – It is only when one transcends the body consciousness
and becomes Neh-karma i.e. action - less in action like the still
point at the centre of the
ever-revolving wheel of life that a stop is
put to the motion of the Great wheel of
karmas, for then one becomes
conscious Co-worker of the Divine Plan - That is why Budha said “Be desire_ -less” for desires are
the rootcause of human sufferings - The
Spirit, sitting in the chariot of
body is driven blindly and
headlong into the fields of sensual
pleasures by the five -powerful Steeds
of the senses- uncontrolled by the power
– intoxicated |
II Das Karmische Gesetz Wie ihr denkt, so werdet ihr. Unsere Zunge spricht aus
der Fülle ---------------------------------------------------------- A) Pralabdha Karma. Der Mensch hat gerade wie der Kern in
einer reifen Mandel einer Nadel nicht mehr
spürt, da er sich von der Nur wenn man das
Körperbewußtsein Zentrum des sich
immer-drehenden Lebensrades, wodurch man der Bewegung denn dann wird man ein
bewußter Mitarbeiter Das ist der Grund, warum
Buddha sagte „Seid wunschlos“, denn die Wünsche sind die Grundursache des
menschlichen Leids. Der Geist, durch die fünf
kraftvollen Rosse der Sinne, ohne Kraft sie zu
beherrschen – das ist der berauschte |
Page 4 Charioteer of the mind with the reins of intellect dangling
loose about him Self-discipline
then is of prime importance and chastity
in thought, word and deed,
is the essential requisite that helps a person on the path of
Self-knowledge and God knowledge, for ethical life is a
stepping-stone to spirituality.___ Remedy By being born anew, twice
born. or rising above body
consciousness or dying while alive, he becomes conscious
Co-worker of the Divine Plan. - URDU
- One therefore to forsake the flesh for the sake of the
Spirit if one is anxious to escape from the
perpetual wheel of life on the earth. But, if one under the
guidance of a Master learns the
practical process of self-analysis, at will
and has an experience of the
beyond (Death - in life) angle of vision is altogether changed. thereafter continues to live on earth without attachment. Christ He that taketh not this
cross, and followeth after me,
is not worthy of me - He that findeth his life shall lose it And he that looseth his
life for my sake shall find it. (Math. 10:38+39) ---------------- Luke And he (Jesus) said to
them all: If any man will come
after me, let him deny himself and
take up his cross daily, and
follow me. (Luke
9:23) ------------------- And whosoever doth not bear his cross and come after me,
can- _not be my disciple
- (Luke 14:27) Thus we see that death in–christ is the way to live with
christ eternally Learn to die so that You
may begin to live. In muslim
it is - URDU - ---------------------- On the power of the Jagat-Guru it is said: A Jagat Guru
can annihilate karmas |
Wagenlenker des Gemüts,
der die Zügel Selbstdisziplin ist also von wesentlichster Heilmittel Werdet von Neuem geboren,
zweimal geboren oder erhebt euch über das
Körperbewußtsein oder sterbt während des
Lebens, dadurch werdet ihr zum
bewußten Mitarbeiter Daher muß man das Fleisch
aufgeben um des Geistes willen,
wenn man bestrebt ist dem fortwährenden Rad des
Lebens Aber wenn einer unter der Führung von
einem Meister den praktischen
Prozeß Danach lebt man auf Erden
weiter Christus „Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt mir nach, der
ist meiner nicht wert. Wer sein Leben findet, der
wird’s verlieren; und wer sein Leben
verliert um meinetwillen, ---------------- Lukas Da sprach er (Jesus) zu
ihnen allen: Wer mir folgen will, ------------------- „Und wer nicht sein Kreuz
trägt So sehen wir, daß der Tod
in Christus der Weg ist, um mit
Christus ewiglich zu leben. Lerne zu sterben, daß du ------------------- Über die Kraft des
Jagat-Guru |
III Law of Karma Page 5 by his look and Word – ---------------------- In his presence, the karmas fly like autumn leaves before
a wind ---------------------- Scriptures Great is the power of the retributive angel, and none can
escape its Jury, But it doth fly in fear
of death, before the wounding
blast of the Word - URDU -... By sitting in the radiation of the Master mind stands still for a
while There are two ways to
exhaust or finish up the Vast and
limitless store- -house of karmas - (a) To leave it to Nature to exhaust the storehouse in due course
of time, (b) To obtain from a Master-soul a practical knowledge of
and experience of the Science
of Life, on the earthly as well as
the spiritual planes, and to work right
now for transcension from one to
the other, while there is
still a chance and and opportunity: The first course will take him periods of years to reach the goal which is uncertain as further acknowledge By adopting the second
Course, one seeks a competent
Spiritual Master who can wind up the
karmic accounts of the bankrupt spirit.
When such a Master takes in His own
Hand this process of liquidating
the endless process of karma of the past - He
calls a halt “So far and no further”, and puts the individual on
High Road Godward - He does not
usually interfere with the Pralabdh
or destiny, while the Sanchit He singes by contacting the spirit
with the spark of Naám - Contact with Nám or the Holy World reduces
to ashes as well as the
unfructified Kriyaman Karmas done hitherto – Guru Nanak tells us –
‘Jap Ji – XX’ “When the hands or
feed... When the clothes get
durty… When ones’ mind get
defiled by sin, it can be purified
only by Communion with the Word. Men do not become saints
and sinners merely by words – as one
sows |
III Das Karmische Gesetz durch seinen Blick und
das Wort – ---------------------- In seiner Gegenwart
fliegen die Karmas fort wie die
Herbstblätter im Wind ---------------------- Heilige Schriften Groß ist die Macht des
Engels der Vergeltung, und niemand kann seinem
Gericht entgehen, aber er flieht in
Todesfurcht vor dem bedrohlichen
Windstoß des Wortes. - URDU -...
Wenn man in der Ausstrahlung des Meisters sitzt, kommt das Gemüt für eine
Weile zur Ruhe. Es gibt zwei Wege, das
gewaltige und a) Man überläßt es der
Natur, das Vorratshaus im Laufe der Zeit zu
entleeren, b) oder man bekommt von
einer Meister-Seele das praktische Wissen und auf den irdischen wie
auch auf den spirituellen eine Gelegenheit dazu besteht. Auf dem ersten Weg braucht man Beim Aufnehmen des
zweiten Weges sucht bankrotten Geistes
abwickeln kann. Wenn ein solcher Meister diesen Vorgang der Auflösung der
endlosen Kette der Karmas aus der Vergangenheit in Seine Hände nimmt, dann
gebietet er Einhalt: und stellt den Einzelnen
auf den erhabenen Weg während er das Sanchit
durch wie auch die Kriyaman
Karmas, die bisher noch keine Frucht getragen haben. Guru Nanak erzählt uns im
‚Jap Ji – XX’: „Wenn die Hände oder Füße
... Wenn die Kleider
beschmutzt sind ... Wenn das Gemüt durch
Sünden befleckt ist, kann es nur durch die
Verbindung Zu Heiligen oder Sündern
werden die Menschen nicht bloß durch Worte -
wie man sät |
Page 6 ...so one reaps. O Nanak, men come + go by the wheel of birth and death
as ordained by His Will - Guru Nanak Our actions good or evil, will be brought before
His court - And by one own deeds,
shall we move higher or be cast to the depths- Those who have communed with the Word,
their toils shall end - And their faces shall
flame with glory. Not only shall have
salvation, O Nanak! But many more shall find freedom with them. It is, therefore, of
paramount importance that we should seek a Master competent to wind up the otherwise endless cycle of karmas and seek refuge at His Lotus feet and free
ourselves of the bewitching
influence of our deeds - _______________________________ -
URDU – _______________________________ |
so erntet man. O Nanak, die Menschen
kommen und gehen durch das Rad der
Geburten und Tode nach Guru Nanak Unsere Handlungen, ob gut
oder schlecht, werden vor Sein Gericht
gebracht, und durch unsere eigenen
Taten werden wir aufwärts steigen oder Jene, die sich mit dem Wort
verbunden und ihr Antlitz wird voll
Glanz Nicht nur werden sie
erlöst O
Nanak! sondern viele andere
werden mit ihnen Daher ist es von
herausragender um den sonst endlosen und zu seinen Lotusfüßen
Zuflucht _______________________________ -
URDU – _______________________________ |